Der Anteil an nachhaltigen Fonds am Gesamtmarkt ist mit gut 6% nach wie vor eher gering. Woran liegt es?
«Relativ zum Gesamtmarkt sind nachhaltige Fonds weiterhin eine Nische. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Zwar erkennen viele Anbieter immer öfter die Vorteile nachhaltiger Anlageprodukte und lancieren neue nachhaltige Fonds. Kundenberaterinnen und Kundenberater müssen diese den Investoren aber auch erklären und verkaufen können. Hier besteht bei vielen Anbietern noch immer eine Hürde. Denn die Umsetzung nachhaltiger Anlagen besteht nicht nur in der Lancierung eines neuen Fonds, sondern es ist der gesamte Wertschöpfungsprozess eines Anbieters betroffen. Das erfordert ein hohes Engagement und Investitionen in Technologien und Humankapital – und ist deshalb nicht über Nacht zu erreichen.
Hinzu kommt: Anbieter werben oft mit den positiven Wirkungen nachhaltiger Anlagen für Umwelt und Gesellschaft. Damit wächst der Erklärungsbedarf für konventionelle Anlagen, da viele Banken und Asset Manager beides verkaufen. Einige mutige Vorreiter sind darum dazu übergegangen, zumindest für private Investoren künftig nur noch nachhaltige Anlagen anzubieten und konventionelle Produkte aus dem Angebot zu streichen. Dieses Vorgehen dürfte künftig vermehrt beobachtbar sein. Heute ist die Industrie als Ganzes aber noch nicht so weit.»
Wie wird sich die aktuelle Klimadebatte auf das weitere Wachstum von grünen Anleihen auswirken?
«Die weltweite Klimadebatte – und auch die grüne Welle in Gesellschaft und Politik – dürften das Wachstum grüner Anleihen weiterhin befeuern. Mit der Übereinkunft zu den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen (UN SDGs) und auch mit dem Pariser Klimaabkommen liefert die Weltgemeinschaft steile Vorgaben für Umweltschutz- und Klimaziele. Die Erreichung dieser Ziele fordert einen Wandel der Weltwirtschaft, der finanziert sein muss. Hier werden grüne Anleihen in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen. Regulatorische Vorgaben – Stichwort EU-Aktionsplan – und steuerliche Vorteile dürften dem Wachstum grüner Anleihenmärkte zusätzliche Impulse verleihen. Bereits heute wollen Anleihenemittenten von diesem Trend profitieren und mit grünen Anleihen neue Investorenkreise erschliessen.
Grüne Anleihen auf den Markt zu bringen, ist aber auch mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden. Das kann die Entwicklung bremsen. Der Aufwand erklärt möglicherweise auch, warum Schweizer Emittenten erst 15 grüne Anleihen mit einem Volumen von knapp drei Milliarden Franken lanciert haben. Die entsprechenden Institutionen zögern in der Schweiz noch, obwohl die Nachfrage für nachhaltige Anlagen intakt ist.»
Wie positionieren sich die Schweizer Anbietern im Geschäft mit nachhaltigen Anlagen?
«Grosse Schweizer Anbieter – beispielsweise UBS und Credit Suisse – positionieren sich speziell bei nachhaltigen Passivprodukten. Die UBS hat im Vergleich zur Credit Suisse aktuell die Nase vorn – sowohl was die Produktbreite als auch die darin verwalteten Vermögen betrifft. Beide stehen in Konkurrenz zu globalen Universalanbietern wie Blackrock, Vanguard oder DWS. Interessant ist, dass bei passiven Nachhaltigkeitsfonds auch kleinere Schweizer Anbieter wie die Basellandschaftliche Kantonalbank und Ethos mitmischen.
Dann gibt es national tätige Schweizer Anbieter, die bereits früh nachhaltige Produkte lanciert haben – beispielsweise Raiffeisen oder die Zürcher Kantonalbank. Zu diesen einheimischen Akteuren zählen auch die Kantonalbanken aus Bern, Schwyz, Genf, Basel und Basellandschaft sowie die Migros Bank. Diese Banken sind vor allem bemüht, sich mit Expertise im Nachhaltigkeitsbereich von Regionalbanken (z.B. Valiant) und anderen Kantonalbanken abzuheben. Das funktioniert auch. Die Luzerner Kantonalbank oder die Zuger Kantonalbank sind zum Beispiel bis jetzt noch nicht durch grosse Sprünge im Geschäft mit nachhaltigen Anlagen aufgefallen.»
Wo besteht bei den Anbietern Handlungsbedarf?
«Handlungsbedarf besteht bei Anbietern nachhaltiger Produkte insbesondere im Reporting und in einer transparenten Dokumentation. Speziell für Privatanlegerinnen und Privatanleger ist es heute kaum möglich, den Nachhaltigkeitsgehalt eines Fonds zu ermitteln. Um nachhaltige Produkte glaubhaft vertreiben zu können, müssen Anbieter zukünftig ihre Anstrengungen im Reporting deutlich erhöhen.»