Für ihre Bachelorarbeit im Studiengang Digital Ideation entwickelten Lina Haag und Valerie Bachmann eine App für Personen, die an einer postpartalen Depression (PPD) leiden. Die Erkrankung gilt bis heute als Tabuthema und ist wenig erforscht, obwohl über 20 Prozent der Frauen und über zehn Prozent der Väter davon betroffen sind. Die Symptome einer PPD sind etwa depressive Verstimmungen, Angstzustände, Schlafstörungen und Suizidgedanken.
Die Arbeit von Lina Haag und Valerie Bachmann ist vom 22. Juni bis 30. Juni 2024 an der Werkschau Design Film Kunst zu sehen, gemeinsam mit den insgesamt rund 280 Arbeiten weiteren von Absolventinnen und Absolventen des Departements.
Haag, die mit Schwerpunkt Design studiert, und Bachmann, deren Schwerpunkt auf der Informatik liegt, kontaktierten den Verein Postpartale Depression Schweiz (demnächst Periparto Schweiz). Sie stiessen dort auf so offene Ohren, dass der Verein ihnen nicht nur Ansprechpartnerinnen vermittelte, sondern ihre Idee auch weiterentwickeln möchte.
In den Gesprächsinhalten mit Betroffenen suchten Haag und Bachmann nach Mustern und Gemeinsamkeiten im Ablauf einer PPD, um die Ursachen der Erkrankung zu analysieren, die zentrale Problemstellung zu identifizieren und Lösungsansätze zu erkennen. «Oft hilft es Betroffenen bereits, zu merken, dass sie mit ihrer Situation nicht allein sind», sagt Haag. Deshalb können sie in der App nach Patinnen und Paten suchen, die in Video- und Audioformaten von Erfahrungen mit PPD, über ihren Krankheitsverlauf und ihre Symptome berichten und Tipps geben, was ihnen geholfen hat, wieder gesund zu werden. Nach dem Studium wollen Bachmann und Haag die App so perfektionieren, dass sie in das Unterstützungsangebot des Vereins integriert werden kann und Betroffene direkt nach dem für sie passenden Angebot suchen oder eine Patin oder einen Paten kontaktieren können.
Die Arbeit von Lina Haag und Valerie Bachmann wird an der Werkschau im Foyer der Hochschule Luzern – Design Film Kunst in Emmenbrücke präsentiert. Im Foyer sind alle Arbeiten der Studiengänge Digital Ideation und Data Design + Art zu sehen, da die Digitalität Kern beider Studienrichtungen und ein Schwerpunkt der Arbeit am Departement ist.
Was ist Data Design & Art?
Daten sind die Ressource des 21. Jahrhunderts. Im europaweit einzigartigen Bachelor Data Design & Art lernen Studierende, grosse Datenmengen und komplexe Zusammenhänge der breiten Bevölkerung zu vermitteln. Die Umsetzung erfolgt beispielsweise in Form von Grafiken, Skulpturen, VR-Installationen oder Klangwelten. hslu.ch/data-design-art
Was ist Digital Ideation?
Studierende entwickeln in interdisziplinären Teams Projekte, die Technologie, Design und zukunftsorientiertes Denken verbinden. Sie wählen eine Spezialisierung – Informatik für technikaffine oder Design für kreative Gestaltende – und kreieren digitale Lösungen mit gesellschaftlichem Mehrwert. Sie arbeiten später als Game Designerin/Developerin, Grafiker, UX Designerin, Interaction Designer oder Web Designerin/Developerin. hslu.ch/digital-ideation
Zusätzlich will das Departement sich bis 2026 verstärkt den Themen «Nachhaltigkeit» und «Culture of Trust» widmen. Ausgewählte Arbeiten, die diese Themen behandeln, werden an der Werkschau hervorgehoben. Die Schwerpunktthemen sind auch gesellschaftlich von zentraler Bedeutung, wie Jacqueline Holzer, Direktorin des Departements Design Film Kunst, sagt. «Wenn unsere Studierenden ihr Können einer breiten Öffentlichkeit zeigen, beweisen sie gleichzeitig, wie relevant ihre Themen für die Zukunft der Gesellschaft sind.»
Die Abschlussarbeiten der Design-, Film- und Kunst-Studierenden sind vom 22. Juni bis 30. Juni 2024 an der Werkschau Design Film Kunst zu sehen. Unsere kleine Kostprobe illustriert die Vielfalt der gezeigten Werke.
Bachelor Design Management, International: Hilfe für Helfende
Mehr zu Natascha Hallers Bachelorarbeit
In ihrer Bachelorarbeit im Studiengang Design Management, International untersucht Natascha Haller aus Meilen ZH die Situation von Paaren, die Kinder wollen, aber keine bekommen können. Zehn bis fünfzehn Prozent aller Paare in der Schweiz sind mit dem Problem konfrontiert. Vor einigen Jahren stiess Haller auf Social Media auf das Thema. Es fiel ihr auf, weil Betroffene dort sehr persönlich und offen von ihrem Problem erzählten. Die Geschichten berührten sie jedes Mal sehr. «Als ich ein Bachelorthema suchte, fiel mir das sofort wieder ein», sagt die 22-jährige Haller. Weil im Studiengang Design Management, International Lösungen zu einem Problem gesucht werden, mit denen sich alle beteiligten Personen identifizieren können, bot es sich an, nicht nur die betroffenen Paare, sondern auch Menschen aus deren sozialem Umfeld in die Überlegungen einzubeziehen.
Auch sie selbst habe sich als Kind immer vorgestellt, später selbst Mutter zu werden und Kinder zu bekommen, erzählt Haller. Sie habe sich dabei nicht klar gemacht, dass die scheinbar «natürlichste Sache der Welt» für viele Paare höchst problematisch und schmerzvoll sein kann. Menschen aus dem engen sozialen Umfeld könnten das Problem verstärken, wenn sie befreundete Paare immer wieder fragen: «Wann bekommt ihr Kinder?»
Zuerst sprach Natascha Haller mit Paaren selbst, dann interviewte sie einen Mental Coach, um zu verstehen, welche Art von Unterstützung aus professioneller Sicht wichtig ist. Schliesslich redete sie mit Menschen aus dem engen sozialen Umfeld, interviewte sie, legte ihnen Fragebögen vor, die sie später auswertete, und erkundete mit ihnen gemeinsam in einem Workshop, was ihnen helfen würde, betroffene Paare besser zu unterstützen.
Darauf basierend entwickelte Haller zwei Designstrategien: Zum einen ein Toolkit für Betroffene und ihre Bezugspersonen, das Grundsätze für die Kommunikation und Unterstützung festlegt und mit Fragekarten das Gespräch über den Kinderwunsch anregt. Zum anderen ein digitales Handbuch für Bezugspersonen, das Informationen zum Problem in Text und Film vermittelt.
Nach ihrem Studium möchte Natascha Haller reisen und im Ausland arbeiten. Danach würde sie gerne im Bereich Organisationsdesign arbeiten. Sie könnte sich vorstellen, ihr Bachelorprojekt weiterzuverfolgen, wenn sie jemanden findet, der sie mit medizinischem und psychologischem Fachwissen unterstützt.
Bachelor Illustration Nonfiction: Vom Eisvogel zur Tarnkleidung
Mehr zu Anna Wengers Bachelorarbeit
Anna Wenger, 23, aus Spiegel bei Bern erarbeitet als Bachelorarbeit im Studiengang Illustration Nonfiction ein Sachbuch für Erwachsene zum Thema Bionik. Die Bionik (ein Kofferwort aus Biologie und Technik) beschäftigt sich mit dem Übertragen von Phänomenen der Natur auf die Technik. Idee des Buches ist, diverse Tiere wie den Haifisch, den Kofferfisch oder den Blauen Morphofalter zu illustrieren und darzulegen, wie ihre Fähigkeiten oder Attribute technisch genutzt werden können. Derzeit konzentriert sich Anna Wenger auf den Eisvogel, um verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten auszuprobieren und dabei die Grenzen der vermittelnden Illustration auszutesten.
Um den Eisvogel in seinem Habitat kennenzulernen, war Anna Wenger auf einer Exkursion am Klingnauer Stausee. Jetzt hat sie das wunderschöne Tier in diversen Haltungen gezeichnet. Deutlich wird dabei, wie sehr sich dessen Aussehen ändert, ob oben oder hinten seine blauen Deckfedern schillern oder ob unten der rot-braune Bauch leuchtet.
In ihren Zeichnungen illustriert Anna Wenger auch mehrere bionische Nutzungsmöglichkeiten. So zeigt eine Illustration, wie der blaue Vogel vor einem blauen See oder einem blauen Himmel fast nicht zu sehen ist, weil sich sein schillerndes Federkleid den Lichtverhältnissen anpasst. Wenger schlägt deshalb vor, entsprechend blauschillernde Tarnkleidung zu entwerfen.
Nach ihrem Studium möchte sie das Buch um weitere Tierillustrationen erweitern, um ihr Portfolio zu vergrössern und Aufträge als freie Illustratorin zu bekommen
Master Animation: Rassistisches Tagebuch
Mehr zu Elena Ottavis Bachelorarbeit
Elena Ottavi aus Mendrisio schloss 2019 ihren Bachelor in Grafikdesign und Art Direction an der NABA (Nuova Accademia di Belle Arti) in Mailand ab. Danach arbeitete sie in der Kommunikation und der Werbung. Vor drei Jahren gründete sie die Kreativagentur STTVDIO.CH, in der sie Grafikdesign und Animation miteinander verbindet.
Ihr Abschlussprojekt im Master Animation ist ein farbiger, englischsprachiger, digital-animierter 2D-Kurzfilm mit dem Titel «Racist Journal» (Dauer: 4:31 Minuten). Ottavis Kernthesen: Der Rassismus sei so tief verwurzelt, dass er zu einem unsichtbaren, integralen Bestandteil der Gesellschaft geworden sei. Schlicht alle Weissen seien Rassisten, sagt sie, denn sie seien Produkte einer rassistischen Gesellschaft, die sie entsprechend erzogen habe. Auch wenn sie selbst glaubten, nicht rassistisch zu sein.
Um das zu illustrieren, folgt Ottavi in «Racist Journal» einem Tag im Leben von Andrea – der Name ist bewusst gewählt, könnte sich dahinter doch sowohl Mann als auch Frau verbergen. An einem Tag, vom Ausschalten des Weckers am Morgen bis zum Schlafengehen am Abend, reflektiert Andrea in einem Bewusstseinsstrom rassistisches Verhalten. Der Monolog spielt mit Klischees der Diskriminierung und versucht die Zusehenden dazu zu bringen, nicht nur die Erzählung, sondern auch die Wahrnehmung von sich selbst und anderen zu überdenken. Spezielle Schlüsselwörter wie «Racist» oder «Discrimination» werden im Film in einer sehr auffälligen, verspielten Typographie gesetzt und animiert.
Elena Ottavis Motivation für den Film, sagt sie, stamme aus ihrer Mailänder Zeit. «Im Zug über die Grenze wurde ich oft Zeugin herzzerreissender Szenen. Etwa wenn Flüchtlingskinder sich zitternd unter dem Sitz versteckten, um über den Zoll zu kommen. Am erschreckendsten aber war die Reaktion der Einheimischen: «Sie taten nichts, verhöhnten die Flüchtenden sogar zuweilen, anstatt ihnen zu helfen», sagt Ottavi. «Auch ich habe nichts getan.»
Weitere Porträts finden sich in der Blog-Serie zur Veranstaltung.