Eignet sich das triste Leben der eigenen Mutter als Filmstoff? Nimmt man das kürzlich zu Ende gegangene Locarno Film Festival als Gradmesser, lautet die Antwort eindeutig ja: Mit «Mama Rosa» setzte sich der Abschlussfilm von Dejan Barac, Absolvent des Bachelor Video, gegen die Konkurrenz durch. In der Kategorie «Pardi di domani» (Nachwuchsfilm) wurde der Dokumentationsfilm mit einem «Pardino d’oro» für den besten Schweizer Kurzfilm prämiert.
«Mama Rosa» stellt die Mutter des Filmemachers ins Zentrum: Die Kroatin Rosa lebt mit ihrem pflegebedürftigen Mann in der Schweiz, kümmert sich um alles. Ihre erwachsenen Kinder wollen ausziehen, um der Tristesse zu entfliehen. In dunklen Farben gehaltene, fast klaustrophobische Einstellungen unterstreichen die Enge von Mama Rosas Lebenswelt.
Dejan Barac zeigt seine Mutter dennoch nicht als Opfer. Vielmehr versteht der Krienser «Mama Rosa» als Hommage an sie und ihre Leistungen «Sie ist unglaublich stolz auf mich, das freut mich an der Auszeichnung am meisten», sagt Barac. Ohne die Unterstützung seiner Dozierenden wäre ihm der Erfolg nicht vergönnt gewesen, fügt er bei. Die Auszeichnung sieht er als Ermutigung, die Karriere als Dokumentarfilmer weiterzuverfolgen.
Neben «Mama Rosa» liefen zwei weitere Abschlussfilme der Hochschule Luzern in Locarno; auch sie waren in der Kategorie «Pardi di domani» nominiert:
«Das Leben ist eines der Leichtesten» von Marion Nyffenegger, Bachelor Animation 2019
Der siebenminütige Zeichentrickfilm «Das Leben ist eines der Leichtesten» ist eine Collage von fünf in der Schweiz lebenden Menschen unterschiedlichen Alters und aus verschiedenen Kulturen. Marion Nyffeneggers von Hand gezeichnetes Werk kreist insbesondere um die Themen Sicherheit und Entwurzelung.
«Nachts sind alle Katzen grau» von Lasse Linder, Bachelor Video 2019
Christian lebt mit seinen geliebten Katzen Marmelade und Katjuscha zusammen. Da er unbedingt Vater werden möchte, lässt er Marmelade von einem exklusiven Kater im Ausland befruchten… In stillen Bildern zeigt der 18-minütige Dokumentarfilm die Herausforderungen des angehenden «Vaters» und das Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit von Mensch und Tier.
«Nachts sind alle Katzen grau» wurde von der Jugendjury des Locarno Film Festival lobend erwähnt. Der Film hat zudem den Sprung über den grossen Teich geschafft: Am 7. und 13. September lief er am TIFF Toronto International Film Festival in Kanada, wo er den «IWC Short Cuts Award for Best Short Film» gewann. Der Preis ist mit 10’000 Dollar dotiert.
Filmische Experimente in Winterthur
Das gute Abschneiden der Absolventenfilme belegt für Edith Flückiger, Leiterin des Bachelor Video, die Stärke des Filmschaffens an der Hochschule Luzern: «Mit Talent, Durchhaltewillen und einer guten Ausbildung als Fundament bestehen unsere Studierenden in nationalen wie in internationalen Wettbewerben», sagt sie.
Und das Festival-Jahr ist noch lange nicht vorbei: Vom 3. bis 8. September laufen am Animations-Festival Fantoche in Baden zwei Abschlussfilme des Bachelor Animation. Im Oktober wartet zudem ein ganz besonderes Experiment auf die Film-Studierenden der Hochschule Luzern: Für die Reihe «5x5x5» der Winterthurer Kurzfilmtage (5. bis 10. November) realisieren 15 von ihnen gemeinsam mit fünf Filmemacherinnen und -machern aus Afrika in fünf Wochen fünf Kurzfilme.