Medizintechnik: ein Studium und so viele Möglichkeiten

Pius Emmenegger gehörte 2015 zu den ersten Medizintechnik-Absolventen an der HSLU. Für ihn war sein Studium das Sprungbrett in eine faszinierende Karriere in einem Beruf, von dem wahrscheinlich die wenigsten gehört haben: Engineer Manufacturing Technology and Engineering. Die gesamte Medizintechnik-Branche entwickelt sich rasant – und damit auch das Studienfach. Inzwischen heisst der Studiengang Medizintechnik | Life Sciences und bietet noch mehr Wahlmöglichkeiten und Berufsperspektiven.

Medizintechnik - eine Branche mit rasanter Entwicklung

Medizintechnik - eine Branche mit rasanter Entwicklung

Schon bei der Wahl seiner Ausbildung war für Pius Emmenegger klar: Es muss etwas mit Technik sein und es soll strukturiert zugehen. «Rückblickend war meine Lehre als Polymechaniker in einem Life-Science-Betrieb ein Glücksfall», sagt der heute 35-Jährige. «Dort kam ich zum ersten Mal mit Medizintechnik in Berührung und entdeckte meine Faszination für diesen Bereich.» Nach zehn Jahren Berufserfahrung begann er sein Medizintechnik-Studium an der Hochschule Luzern. Parallel dazu arbeitete er weiterhin in einem 50%-Pensum.

Pius Emmenegger, Medizintechnik-Absolvent

Pius Emmenegger

Erwartetes und Unerwartetes

Pius Emmenegger interessierte sich besonders für die Produktionsentwicklung. Er stiess aber auch auf überraschende Aspekte, etwa eine ganz besondere Art der Kommunikation mit Behörden. «Zunächst einmal muss alles minutiös dokumentiert sein und jeder Kontakt mit den Behörden wird genauestens vor- und systematisch nachbereitet», erklärt Emmenegger. «Die Wortwahl ist superstrikt. Es kommuniziert immer nur die Person, die am meisten von der Materie versteht; der oder die so genannte Subject Matter Expert.» Denn wenn es um die Zulassung eines Medikaments und seiner Herstellung gehe, sei kein Raum für Zweideutigkeiten oder Interpretationen; schliesslich gehe es um die Gesundheit und manchmal gar um das Leben der Patientinnen und Patienten. Die Anforderungen der Behörden sind entsprechend hoch, der Bewilligungsprozess langwierig. Für ein Unternehmen steht zu viel auf dem Spiel, um durch eine auch nur im Mindesten nachlässige Kommunikation die Bewilligung zu verspielen.

Recherche und Tests

«Mathematik und Physik haben mich recht gefordert», sagt Pius Emmenegger. «Aber mir war klar, dass sie die Grundlage für das waren, was mich am meisten interessierte: die Produktion. Genauer gesagt: Die Einführung und Umsetzung neuer Produktionstechnologien.» Das ist es, was er heute für die Luzerner Niederlassung der Firma MSD tut, die Medikamente und Impfstoffe entwickelt und herstellt. Dort ist er dafür verantwortlich, die Produktionsinfrastruktur für neue Pharmazeutika bereitzustellen. «Das kann bedeuten, die richtigen Bestandteile einzukaufen oder sie selbst zu entwickeln, damit sie genau unseren Anforderungen entsprechen», erklärt er. Einkaufen klingt zunächst simpel. Wenn es aber um Medizintechnik gehe, so stünde hinter jedem Schlauch und jeder Schraube eine ausführliche Recherche. «Das Material und sein Verhalten muss überprüft sein: Reagiert es mit den Inhaltsstoffen des Medikaments? Verändert sich das Material je nach Temperatur? Und wenn ja, hat das einen Einfluss auf die Inhaltsstoffe?» Die «Einkaufstour» könne so also gut Monate oder sogar Jahre dauern. Und die Vorliebe für klare Strukturen, die Pius Emmenegger schon zu einer Lehre im Life-Sciences-Bereich motiviert hat, kommt voll zum Zug.

Medizintechnik: Fortschritt im Schnellzugstempo

2015 startete an der HSLU der Bachelor-Studiengang Medizintechnik als erster seiner Art in der Schweiz. Seither hat sich das Themenfeld rasant weiterentwickelt. Aktuelle Trends wie die Miniaturisierung von Geräten, die Personalisierung von Diagnosen und Therapien oder der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Medizin verlangen nach entsprechend ausgebildeten Fachkräften. Das weiss auch Studiengangleiter Angelo Marangi: «Die Medizintechnik erlebt derzeit einen Fortschritt im Schnellzugstempo und interdisziplinäre Ansätze gewinnen in der Gesundheitsversorgung zunehmend an Bedeutung. Das heisst auch, dass die Nachfrage nach Fachkräften mit entsprechendem Know-how steigt.» Die HSLU hat deshalb den Studiengang weiterentwickelt. Neu heisst er Medizintechnik | Life Sciences und umfasst drei Vertiefungsrichtungen:

Medizinproduktentwicklung
«Medizinprodukte sind zum Beispiel Instrumente, Apparate, Materialien, Software, Reagenzien oder alle Gegenstände, die für den Menschen bestimmt sind und einen medizinischen Zweck erfüllen», erklärt Angelo Marangi. Diese Vertiefung ist am nächsten beim bisherigen Studiengang. «Die Studierenden lernen, wie Medizinprodukte konzipiert, entwickelt, hergestellt, zertifiziert und vermarktet werden; sie lernen die qualitätssichernden Prozesse der Medizintechnikindustrie kennen und wie korrekt dokumentiert wird.»

Life Sciences
In der Vertiefungsrichtung Life Sciences geht es beispielweise um patientenorientierte Diagnostik oder um die Entwicklung von Analysemethoden. Das verlangt ein grundlegendes Wissen über biologische Prozesse und Krankheiten, aber auch über Labortechnologien und Gesundheitswissenschaften. Ein Schwerpunkt der Vertiefung liegt bei der Analyse medizinischer Proben und der Interpretation der Daten.

Medizininformatik & Data Science
Längst hat die Informatik auch im Gesundheitsbereich Einzug gehalten, von der Forschung bis in den Operationssaal, vom Labor bis in die Arztpraxis. Die Vertiefungsrichtung Medizininformatik & Data Science beschäftigt sich mit dem Einsatz von datengetriebenen Methoden, insbesondere auch in der Präventionsmedizin oder Diagnostik. «Die Studierenden beschäftigen sich damit, wie sie mit Big Data und künstlicher Intelligenz Prozesse und Produkte im Gesundheitswesen verbessern können», sagt Angelo Marangi.

Blick über den Tellerrand
Die drei Bereiche sind komplementär. Das Basissemester ist identisch, anschliessend gibt es die Möglichkeit, Wahlmodule aus den drei Studienrichtungen zu belegen. Pius Emmenegger würde diese Möglichkeit sofort ergreifen, wenn er sein Studium jetzt begänne. Das neue Curriculum hat er sich genau angeschaut und auf der Stelle ein paar Module aus der Studienrichtung Life Sciences gefunden, die ihm bei seiner jetzigen Arbeit hilfreich wären. Angelo Marangi sagt dazu: «Das ist einer der Vorteile dieses Studienganges mit drei Studienrichtungen: Man kann sich durch diese Wahlmodule ganz individuell auf ein bestimmtes Berufsfeld vorbereiten.»

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