Holz: nützlich und komplex

Wie kann die Wald- und Holzwirtschaft zur Reduktion von CO2 in der Atmosphäre durch die Verwendung von lokalem Holz gefördert werden? Zwei Projekte aus der Zentralschweiz zeigen dies auf.

Ein Seminarzentrum, gefertigt aus einheimischem Mondholz, welches aus den benachbarten Schutzwäldern stammt. Quelle: © Berglodge37. Foto: Valentin Luthiger

Ein Seminarzentrum, gefertigt aus einheimischem Mondholz, welches aus den benachbarten Schutzwäldern stammt. Quelle: © Berglodge37. Foto: Valentin Luthiger

Rund 30 Prozent der Schweizer Landfläche sind bewaldet. Der Wald bietet dabei nicht nur Lebensraum für Pflanzen und Tiere, schützt vor Lawinen und Murgängen oder speichert Wasser: Ein Baum nimmt während seines Wachstums CO2 auf und bindet den Kohlenstoff im Holz. Wenn das Holz in Gebäuden oder Holzbauteilen verwendet oder wiederverwertet wird, wirkt dies der Erderwärmung zusätzlich entgegen, da der Kohlenstoff so möglichst lange gespeichert wird. Ebenfalls kann Holz als nachwachsender Rohstoff auch fossile, emissionsintensive Baustoffe ersetzen.

Damit der Wald dies alles leisten kann, muss er gepflegt werden. Das ist der Job von Martin Ziegler, Leiter des Amtes für Wald und Wild im Kanton Zug. Er weiss, dass eine Nachfrage nach regionalem Holz unumgänglich ist, damit der Wald seine verschiedenen Aufgaben übernehmen kann: «In der Schutzwaldpflege muss für Nachwuchs durch junge und kräftige Bäume gesorgt werden. Das bedeutet, dass an ausgewählten Standorten gezielt Bäume entnommen werden. Damit kann mehr Licht in die Wälder einfallen, sodass neue Bäume und sensible Tier- und Pflanzenarten wachsen und gedeihen können.» Tatsache ist aber: Diese Pflege des Waldes ist aufwändig und kostet. Umso wichtiger ist deshalb, dass das produzierte Holz möglichst lokale Abnehmer findet. Da die Verhältnisse mancherorts durch steile oder schwer zugängliche Hanglagen geprägt sind, ist die Pflege aufwändiger als in Wäldern im flachen Hügelland. Für Käufer ist der Zusammenhang zwischen dem lokalen Holz und dem gesunden, gepflegten Wald nicht immer auf den ersten Blick nachvollziehbar. Die Abhängigkeiten sind komplex und der Entscheid für Importholz scheint oft wirtschaftlich attraktiv.

Eine Website zeigt, wie Holzkreislauf funktionieren kann

Gute Kommunikation ist gefragt, um die Zusammenhänge aufzuzeigen. Deshalb haben sich unter der Koordination der Hochschule Luzern alle kantonalen Waldfachstellen der Zentralschweiz, Lignum Zentralschweiz – die Dachorganisation der Zentralschweizer Wald- und Holzwirtschaft –und WaldSchweiz zusammengefunden. Sie entwickelten eine Website, die zeigt, wie der lokale Holzkreislauf funktionieren kann und was er letztlich auch der Bevölkerung bringt: waldnutzen.ch gibt Einblick in sechs Projekte aus der Zentralschweiz, mit Hintergrundinformationen und Stimmen aus der Wald- und Holzbranche. Über vierzig Kurzvideos zeigen die Vielseitigkeit des Waldes und der Nutzung seines Holzes auf. «Unser Ziel ist es, den Besuchenden der Website die faszinierenden Zusammenhänge zwischen der Pflege des Waldes und der nachhaltigen Nutzung seines Holzes durch konkrete Beispiele aus der Region erlebbar zu machen», sagt Projektleiterin Sonja Geier, Architektin von der Hochschule Luzern. Am 21. März 2024, dem Tag des Waldes, ging die Website live.

Kanton Luzern: Haus des Holzes
Beim Haus des Holzes in Sursee hat sich Bauherr Pirmin Jung bewusst für heimisches Holz entschieden. Zum Beispiel kommen die Fichten für die Wände überwiegend aus dem nahegelegenen Schutzwald Hilferntal. In der Nacht vom 14. auf den 15. November 2019 hatte der Guggi-Föhnsturm im Hilferntal grosse Schäden angerichtet und in der Umgebung an die 20’000 Bäume umgeworfen. Glück im Unglück – die Qualität des Fichtenholzes wurde von den Holzverarbeitenden erkannt. Nun trägt das Holz der «Hürnli-Fichte» zum angenehmen Wohn- und Arbeitsklima im Haus des Holzes bei.
Kanton Schwyz: Holzturm
Der Goldauer Bergsturz Anfang des Jahrhunderts, der Sturm Lothar Ende 20. Jahrhunderts – der Standort rund um den heutigen Tier- und Naturpark Goldau erlitt schon einige Verwüstungen. Auf Betreiben des Schwyzer Kantonsförsters und Stiftungsbeiratsmitglied des Tierparks Theo Weber setzt nun ein Holzturm ein sichtbares Zeichen der Erneuerung und Nachhaltigkeit. Ein Teil des Holzes für den Tierparkturm stammt vom nördlichen Hang des Rigi-Massivs.

Uri als Vorreiter beim Holzkreislauf

Der Kanton Uri hat das Potenzial des Waldes früh erkannt und es bereits vor vier Jahren zu einem seiner Schwerpunkte im Regierungsprogramm 2020-2024+ gemacht. «Der politische Auftrag lautet zum einen, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sich am Wirtschaftsstandort Uri neue Unternehmen und Kooperationen in der Verarbeitungskette etablieren können, die Urner Holz kreislaufgerecht nutzen», so Kantonsforstmeister Roland Wüthrich. Zum anderen gelte es, das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Werte der regionalen Holznutzung zu sensibilisieren. «Beim Wald finden die Themen Wirtschaft, Gesellschaft, Biodiversität und Klima zusammen. Arbeiten diese Bereiche Hand in Hand, ist das der Schlüssel zu echter Nachhaltigkeit.»

Einbindung der ganzen Wertschöpfungskette

Unter der Leitung des Amts für Forst und Jagd beschäftigt sich das Projekt «Holzkreislauf Uri» seit 2021 nun damit, wie die Wald- und Holzwirtschaft im Kanton Uri zugunsten des Klimas gefördert werden kann. Hierzu holte es alle an der Wertschöpfungskette beteiligten Akteure an einen Tisch. In Zusammenarbeit mit der Korporation Uri und Vertreterinnen und Vertretern der relevanten Wald-, Forst- und Wirtschaftsbetriebe wurden konkrete Umsetzungsprojekte entwickelt. Der Urner Regierungsrat genehmigte diese im Mai 2023. Darunter sind eine Initiative zur Umsetzung einer genossenschaftlichen Sägerei, ein Baumpflanzungsprojekt oder der Urner Wald- und Holzführer. Aber auch das Holz-Stuhl-Projekt in Urner Schulen wurde beschlossen. Damit soll bereits die Jugend für die Werte des Urner Waldes und den Werkstoff Holz sensibilisiert werden.

Kanton Uri: Berglodge 37
Die Berglodge37 auf den Urner Eggbergen: Die drei Gebäude des Seminarzentrums sind in die umgebende Berglandschaft eingebettet. Dafür wurde Holz aus dem benachbarten Gruonwald verwendet. Der Gruonwald hat seit Ende des 19. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle für den Schutz der Gotthard-Eisenbahnstrecke. Dank der Nutzung des Holzes gelangt nun wieder mehr Licht für den Nachwuchs junger und kräftiger Bäume in den Gruonwald.

Enge fachliche Begleitung durch die HSLU

Methodisch und fachlich begleitet wird auch dieses Projekt seit seinen Anfängen von Sonja Geier. Die Architektin ist Kennerin der Holzwirtschaft und bringt einen grossen Erfahrungsschatz in der Zusammenarbeit mit Behörden und öffentlichen Bauherren mit. «Ich verstehe mich als Übersetzerin und Vermittlerin zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen», sagt Geier. Dem Bedürfnis nach Naherholungsraum und nach Waldschutz gilt es hier genauso Rechnung zu tragen wie der verarbeitenden Holzwirtschaft mit ihren Sägereien, Schreinereien und Holzbaubetrieben, die auf einheimisches Holz in der passenden Qualität angewiesen sind. Als externer Berater mit dabei ist auch Hans Rupli, ein ausgewiesener Branchenkenner und bestens vernetzt in der Politik. Die Architektin Sonja Geier fasst ihre gemeinsame Arbeit so zusammen: «Unsere Aufgabe ist es, gut hinzuhören sowie die verschiedenen Interessen und Vorstellungen zu berücksichtigen und in Einklang zu bringen. Wir geben den Anstoss für Überlegungen, wovon alle profitieren. Denn nur breit abgestützte Massnahmen mit realisierbaren Projekten haben auch eine langfristige Perspektive.»

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