Fit fürs Fundraising: Know-how für Kulturschaffende

Die Kulturbranche steht finanziell unter Druck – nicht erst seit der Coronakrise. In Zusammenarbeit mit den Zentralschweizer Kantonen und weiteren Partnern möchte die Hochschule Luzern Unterstützung bieten. Ein Fundraising-Einmaleins für Kulturschaffende.

Szene aus dem Musical «Rock of Ages» (Bild: Le Théâtre / Ingo Höhn)

Ohne Kunst und Kultur wird’s still: Wie so viele Kulturinstitutionen kämpft auch das Le Théâtre in Emmen derzeit um sein Fortbestehen und hat dafür eine Crowdfunding-Aktion gestartet. (Bild: Musical «Rock of Ages» / Ingo Höhn)

Theater geschlossen, Filmproduktion verschoben, Konzert abgesagt: Die Kulturbranche muss sich in der jetzigen Situation wohl oder übel neu erfinden und tut das teils auch schon, etwa mit hybriden Konzepten. Doch das muss erstmal finanziert werden. «Umso wichtiger ist es, dass Kulturschaffende besser darüber Bescheid wissen, wie und wo sie die nötigen Mittel beantragen können», sagt Marino Bundi, Experte für Finanzmanagement an der Hochschule Luzern. Dazu gäbe es verschiedenste Möglichkeiten: Typische Förderinstrumente sind etwa die öffentliche Hand, Beiträge von Stiftungen, Sponsoring durch Unternehmen, Mäzenatentum und Crowdfunding. «Vielen fehlt aber schlicht die Übersicht.»

Klinkenputzen: mühsam, aber lohnend

Gemäss SwissFoundations, dem Verband der Schweizer Förderstiftungen, gibt es in der Schweiz mehr als 13’000 gemeinnützige Stiftungen mit einem Vermögen von insgesamt rund 100 Milliarden Franken (2018). Fast die Hälfte davon sind Förderstiftungen, 17 Prozent wiederum haben sich der Kulturförderung verschrieben. Und laut dem Crowdfunding Monitor der Hochschule Luzern wurden 2019 schweizweit auf verschiedensten Crowdfunding-Plattformen fast 600 Millionen Franken gesammelt, davon über acht Millionen Franken für kulturelle Projekte.
«Das Förderpotenzial ist gross», so Marino Bundi. Entscheidend sei aber nicht nur, zu wissen, bei welchen Stellen oder auf welchen Plattformen man aktiv werden kann, sondern auch wie man sich dort präsentiert: «Egal, ob ich einen Antrag bei einer staatlichen Stelle einreiche, mich für eine Stiftungsförderung bewerbe, einen Mäzen finden oder viele Kleinspender ansprechen möchte – wichtig ist, dass man das angedachte Projekt mit Begeisterung vorstellt», betont der Fundraising-Profi.

«Einen Finanzplan zu machen ist eigentlich gar nicht so komplex wie viele meinen.»

Marino Bundi, Dozent für Finanzmanagement an der Hochschule Luzern

Er vergleicht das Ganze mit einem Start-up auf Investorensuche: Auch dieses müsse einen nachvollziehbaren Plan vorlegen und absolut vom eigenen Produkt oder der eigenen Dienstleistung überzeugt sein, damit es mit einer Finanzspritze klappt. Das sprichwörtliche «Klinkenputzen» liegt aber nicht allen und kann zudem frustrierend sein. «Viele haben Hemmungen, jemanden nach Geld zu fragen. Aber letztlich ist das immer eine gute Möglichkeit, um auf sich und sein Vorhaben aufmerksam zu machen. Man gibt ja schliesslich auch etwas zurück», so der Finanzexperte.
Die «Selbstvermarktung» kann sogar Teil der kreativen Arbeit sein – etwa, wenn man als Musikerin einen neuen Song komponiert, um damit Geld für eine Albumproduktion zu sammeln oder wenn eine Theatergruppe dem sie unterstützenden Unternehmen eine Extra-Vorstellung gibt.

Vorausschauend planen und nachhaltig agieren

Eine gewisse Mühe bereitet es Veranstaltern und Kulturschaffenden auch, einen Finanzplan zu machen. «Dabei ist das eigentlich gar nicht so komplex wie viele meinen», sagt Bundi. Ähnlich wie bei der Suche nach den Geldgebern sei dies wohl eher eine Frage der Zeit und der psychologischen Hürde, wenn es darum gehe, sich mit eher trockenen Finanzthemen zu befassen, meint Bundi. «Zumindest Überlegungen dazu, welche Ausgaben zu welchem Zeitpunkt entstehen, welche Kosten wann gedeckt werden müssen und woher die Einnahmen kommen, sollte man daher unbedingt machen.» Zudem müsse das Budget realistisch und für den Geldgeber nachvollziehbar sein.

«Wichtig ist, dass man sein Projekt überzeugend und mit Begeisterung vorstellt.»

Marino Bundi, Dozent für Finanzmanagement an der Hochschule Luzern

Was ebenfalls oft vergessen geht: Auch wenn das Geld einmal gesprochen ist, ist die «Fundraising-Arbeit» noch längst nicht vorbei. «Gerade dann heisst es: Dranbleiben! Natürlich ohne penetrant zu wirken», so Bundi. Denn: Die Geldgeber seien in der Regel interessiert daran, auf dem Laufenden gehalten zu werden. Damit aus der Partnerschaft keine Eintagsfliege wird, zahle es sich aus, regelmässig über wichtige Zwischenstationen auf dem Laufenden zu halten – erst recht, wenn es um längerfristige Projekte geht.

Konsumenten haben die Wahl

Kulturelles Engagement und Geld allein reichen aber nicht: Über die kulturelle Vielfalt eines Landes entscheidet letztlich das Publikum – je nachdem, welche Angebote es wahrnimmt oder nicht. Was kann also jeder Einzelne von uns beitragen? «Das hiesige Kulturangebot wahrnehmen und auch mal neue Formen entdecken», sagt Bundi. Ausprobieren lohne sich – selbst im Wissen, dass ein Konzertbesuch via Stream nicht das gleiche Erlebnis wie gewohnt bietet.
Nicht stehen bleiben, trotz Schwierigkeiten Neues wagen: Das wird derzeit oft von den Kulturschaffenden gefordert. Das gilt auch für das Publikum.

Tipps für die Finanzierung von (Kultur-)Projekten

Überblick verschaffen: Plattformen wie Swissfundraising, SwissFoundations, Fundraiso oder StiftungSchweiz geben einen Überblick über die verschiedensten Stiftungen und Fördermöglichkeiten in der Schweiz.

Crowdfunding nutzen: 2020 wurden auf 29 Schweizer Plattformen aktive Finanzierungs-Kampagnen verzeichnet. Einen aktuellen Vergleich der 14 wichtigsten gibt es auf lokalhelden.ch.

Förderung beantragen: Tipps zur Erstellung von Fördergesuchen und ein Verzeichnis mit Förderadressen des privaten und öffentlichen Sektors finden sich auf einer Website des Bundesamtes für Kultur und des Migros-Kulturprozent: kulturfoerderung.ch.

Online-Kurs «Fundraising für Kulturschaffende»

«Kulturelle Projekte in diesen unsicheren Zeiten überhaupt auf die Beine zu stellen, verlangt schon einiges an Ausdauer und Flexibilität. Dafür auch noch die nötigen Gelder zu organisieren, ist mehr als herausfordernd», sagt Barbara Gysel, Präsidentin der IG Kultur Zug.
Aus diesem Grund bietet die Hochschule Luzern in enger Kooperation mit Swissfundraising, der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia und IG Kultur Zug ab dem 26. April 2021 einen sechsteiligen Online-Kurs an, der alle wichtigen Elemente des Fundraisings im Kulturbereich thematisiert. Dank finanzieller Beteiligung der Zentralschweizer Kantone wird der Kurs zu stark vergünstigten Konditionen durchgeführt: Die Kursgebühr beträgt 100 Franken. Anmeldeschluss: 9. April. Der Kurs richtet sich primär an Kulturschaffende in der Zentralschweiz. hslu.ch/kurs-fundraising-fuer-kulturschaffende   

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