«Manchmal sass ich in hochkarätig besetzten Meetings mit Kunden, an denen zum Projektstart alle ihre beeindruckenden Lebensläufe mit unzähligen Stationen und Titeln vorstellten. Dann kam ich an die Reihe und hatte nichts weiter zu sagen als: ‹Ich arbeite seit fünf Jahren bei Thermoplan›», erinnert sich Thomas Müller. «Da muss man dann schon eine gute Portion Selbstvertrauen haben, um Kundinnen und Kunden das Gefühl zu vermitteln: ‹Wir können liefern, was Ihr von uns erwartet.›» Das war 2012. Thomas Müller war soeben CTO, Chief Technology Officer beim Kaffeemaschinen-Hersteller Thermoplan geworden – gerade mal fünf Jahre nach seinem Abschluss als Maschineningenieur an der Hochschule Luzern.
Ein Karriereschritt, eine Weiterbildung
Eingestiegen war Thomas Müller gleich nach dem Studium als Entwicklungsingenieur beim Kaffeemaschinen-Hersteller in Weggis. Die Firma ist bis heute sein einziger Arbeitgeber geblieben. Geografisch waren die Schritte also nicht allzu gross. Aber auch nur geografisch: Von der Stelle als Entwicklungsingenieur ging es bald weiter zum Key Account Manager. Parallel zur neuen Aufgabe machte er an der Hochschule Luzern seine erste Weiterbildung, als Projektleiter. Dann bot ihm CEO Adrian Steiner die Stelle als Bereichsleiter Forschung und Entwicklung an.
«Man muss nicht alles im Voraus lernen, aber wenn sich eine Chance auftut, dann muss man dafür sorgen, dass man sie auch nutzen kann.»
Wenn Thomas Müller von dem Angebot erzählt, ist noch heute spürbar, dass er in diesem Gespräch aus allen Wolken fiel – obwohl das Jobangebot bestens zur Überzeugung und Strategie von Thermoplan passt: «Adrian Steiner legt Wert darauf, seine Leute zu kennen, abzuschätzen, was er jemandem zutraut, und einem dann auch das Vertrauen entgegenzubringen. So besetzen wir die meisten unserer Führungspositionen intern.»
Die nächste Weiterbildung war angesagt, diesmal ein Kompaktkurs in Führung am KV. «Man muss nicht alles im Voraus lernen, aber wenn sich eine Chance auftut, dann muss man dafür sorgen, dass man sie auch nutzen kann», ist Thomas Müller überzeugt. In den folgenden Jahren wuchsen seine Aufgaben nicht durch einen weiteren Karriereschritt, sondern durch das Wachstum der Abteilung. «Am Anfang waren wir 25 Personen. Es war meine erste Führungsaufgabe und ich fand das Team riesengross.» – Mittlerweile ist es auf 92 Personen angewachsen
Helfen in der Krise
Thermoplan stellt Kaffeemaschinen für namhafte Kunden wie Nespresso oder Costa her. So brüht auch Starbucks weltweit Kaffee mit Maschinen aus der Zentralschweiz, sei es in Sydney, Rio de Janeiro oder Stockholm. Als deutlich wurde, dass Covid-19 die Gesundheitssysteme weltweit vor schwerwiegende Probleme stellen würde, kontaktierte Starbucks alle seine Lieferanten und fragte, wie sie helfen könnten. Thermoplan nahm die Herausforderung an. Kenntnisse in Medizintechnik hatte das Unternehmen bis dahin nicht, aber versierte Ingenieurinnen und Ingenieure. Diese entwickelten zwei Vorschläge für eine Komponente, die den Beatmungsvorgang bei den dringend benötigten Beatmungsgeräten automatisieren sollte. Zwar gelang es letztlich nicht, diese Ergänzung als medizinisches Gerät zu zertifizieren, aber die Beschäftigung hinterliess beim Kaffeemaschinenhersteller ein grundsätzliches Interesse an Medizintechnik – Ausgang offen.
«Unser CEO legt Wert darauf, seine Leute zu kennen, abzuschätzen, was er jemandem zutraut, und einem dann auch das Vertrauen entgegenzubringen.»
Wie hat das Unternehmen die Coronakrise bis jetzt überstanden? «Wir hatten Glück, weil wir auf unsere langjährigen Partnerschaften zählen konnten.» Das habe geholfen, den Umsatzrückgang in Grenzen zu halten. Viele Lieferanten seien im nahen Ausland. «Sie fanden in Absprache mit den Landesregierungen Wege, um weiter für uns zu produzieren.» Thermoplan solle die Krise nicht nur überstehen, sondern gestärkt daraus hervorgehen, lautet die Devise. Konkret: Interne Schulungen und Projektentwicklung in Workshops anstatt Kurzarbeit und unternehmensweite Lähmung. Ruhiger war die Zeit für Thomas Müller also nicht, im Gegenteil.
Immer Teil eines grösseren Ganzen
Für Thermoplan ist das Departement Technik & Architektur der Hochschule Luzern ein wichtiges Reservoir an Arbeitskräften. Bemerkt Thomas Müller einen Unterschied zwischen seinem Studium und dem, was die Absolventinnen und Absolventen heute mitbringen? «Oh ja. Als ich abgeschlossen habe, war ich Maschineningenieur, und das war alles, was ich konnte. Wie man mit anderen Fachbereichen zusammenarbeitet, musste ich erst mal lernen. Davon haben die Berufseinsteigerinnen und -einsteiger heute eine ziemlich gute Vorstellung, weil sie schon im Studium an interdisziplinären Projekten arbeiten.» Seiner Meinung nach dürfe diese Erfahrung sogar noch ausgeweitet werden, denn die Arbeit der Ingenieurinnen und Ingenieure stehe nie für sich allein. Er wünscht sich deshalb ein besseres Verständnis dafür, wie in einem Unternehmen Wertschöpfung entstehe: vom ersten Wunsch eines Kunden über Verkaufsverhandlungen, Entwicklung und Produktion bis hin zur Wartung des Produkts. Und dann hat Thomas Müller noch einen konkreten Tipp für die angehenden Ingenieurinnen und Ingenieure, obwohl er selbst etwas darüber staunt, dass der immer noch nötig ist: «Lernt Englisch – ohne geht es heute wirklich nicht mehr!»