Blonde Dreadlocks und ein Instrument, das in der Schweiz meist von Männern gespielt wird: Annika Granlund fällt trotz ihrer zierlichen Statur in jedem Orchester sofort auf. In ihrer Heimat Finnland sei das überhaupt nichts Ungewöhnliches, sagt die junge Studentin lachend. «Viele Frauen in Finnland spielen Blechblasinstrumente.» Ungewöhnlich ist da eher schon ihr Werdegang: Vor knapp zehn Jahren muss sie ihren erlernten Beruf als Bäckerin aus gesundheitlichen Gründen an den Nagel hängen. Während dieser Zeit spielt sie Tuba in einem Laienorchester: «Ich hatte als Kind in einer auf Musik spezialisierten Schule bereits verschiedene Instrumente erlernt», so Granlund.
Das Hobby wird zum neuen Beruf
Aus dem Hobby wird ein professionelles Musikstudium in ihrer Heimat. Dabei lernt sie einen Dozenten aus Zürich kennen; er gibt ihr den Tipp, für ein Austauschjahr in die Schweiz zu kommen. Gesagt, getan: 2017 reist Granlund in die Schweiz. «Ich wage einfach gerne Neues.» Diese Neugier habe ihr auch geholfen, rasch Fuss zu fassen, trotz damals noch fehlender Deutschkenntnisse. Aus einem Jahr wurde ein ganzes Bachelor-Studium: «Ursprünglich wollte ich ja nach Zürich, bin heute aber froh in Luzern zu sein. Der experimentierfreudige Unterricht entspricht mir sehr.» So gebe es viele Gelegenheiten, verschiedene Stilrichtungen auszuprobieren, sich im freien Improvisieren zu üben oder mit anderen Studienbereichen zusammen zu arbeiten. «An vielen Anlässen treten Musikerinnen und Musiker – egal ob aus der Klassik, dem Jazz, der Volksmusik oder der Neuen Musik kommend – miteinander auf», sagt sie. Für das Musikfestival «Szenenwechsel», das Ende Januar stattfindet, probt Annika Granlund momentan besonders intensiv. Gleich in drei Formationen spielt sie beim Festival mit (siehe Kasten). «Das viele Üben ist schon sehr anstrengend, aber jede Art von Musik und jede Formation hat eben ihren eigenen Reiz.»
Licht statt Lakritz
Wie es nach dem Bachelor-Abschluss weitergeht, steht für Granlund noch nicht fest. Eventuell möchte sie noch ein Master-Studium in Luzern anhängen. «Klar vermisse ich meine Familie und finnische Besonderheiten, wie Sauna und salziges Lakritz». Aber das höfliche Miteinander in der Schweiz und die schöne Natur direkt vor der Haustür erinnere sie stark an ihre Heimat. Zudem habe das Leben hier auch einen anderen riesigen Vorteil: «Anders als in Finnland bietet der Schweizer Winter viel mehr Licht. Das gibt mir jede Menge Energie und neuen Tatendrang», so Granlund. Und das glaubt man ihr sofort.