Drei Studenten, ein Kletterseil und eine Idee: Wie ein Start-up den Versandhandel nachhaltiger macht

Weihnachten steht vor der Tür und mit ihr auch ein altbekanntes Problem: Online bestellte Geschenke und damit Berge an Verpackung und Füllmaterial, die in der festlichen Zeit Strassen und heimische Abfalleimer fluten. Eine clevere Idee der drei HSLU-Absolventen Sandro Küng, Remo Zemp und Joshua Kohler soll dieses Problem lösen.

Remo Zemp, Sandro Küng und Joshua Kohler von SendMeBag

Die Initialzündung löste die Online-Bestellung eines Kletterseils aus. Als Sandro Küng sein Paket entgegennahm, traute er seinen Augen kaum: Es war so gross, dass darin ohne Weiteres drei weitere Seile, Kletterschuhe und ein Wanderrucksack Platz gefunden hätten. Der voluminöse Karton und das umfangreiche Füllmaterial brachten Sandro Küng zum Grübeln und schliesslich auf eine Idee, die er mit seinen Studienkollegen Remo Zemp und Joshua Kohler weiterentwickelte: platzsparende Versandtaschen, die wiederverwendbar sind.

Startschuss an der HSLU und an Mamas Nähmaschine

Im Modul «Business Concept» im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen an der HSLU beschäftigte sich Sandro zunächst mit der Wirtschaftlichkeit seiner Idee: Würde sich eine wiederverwendbare Versandtasche überhaupt rechnen? Die Zahlen stimmten ihn zuversichtlich und er verfolgte die Idee in seiner Bachelorarbeit weiter. «Gemeinsam mit Remo und Joshua tüftelten wir unzählige Stunden im Design-Atelier der HSLU, in Warenlagern von Onlinehändlern sowie an der Nähmaschine meiner Mama, bis der erste Prototyp eines «SendMeBags» entstand», erinnert sich der Student.

Über 80 Prozent weniger CO2

Das Prinzip ist simpel, doch erstaunlich wirkungsvoll: Nachdem die Kundinnen und Kunden ihr Produkt aus der Tasche genommen haben, falten sie diese zweimal bis zur Grösse eines Briefumschlags. Dank integriertem Rücksende-Etikett kann die leere Tasche kostenlos zurückgeschickt werden.

Bereits ab dem zweiten Einsatz der Tasche spart eine SendMeBag rund 40 Prozent CO₂ gegenüber einem Karton ein, bei 8-maliger Nutzung sogar über 80 Prozent. Eine SendMeBag könne bis zu 30-mal wiederverwendet werden, so die drei Gründer. Die Tasche wird also zu einer Kreislauflösung, die für Verbraucherinnen und Händler gleichermassen Vorteile mit sich bringt.

Zwischen Förderpreisen und Herausforderungen im Logistikmarkt

Die Jungunternehmer wurden bereits mehrfach ausgezeichnet, darunter mit Förderpreisen von Venture Kick oder der Gebert Rüf Stiftung. Im Sommer 2025 gewann das Trio den LUKB Zukunftspreis. Die Preisgelder fliessen unter anderem in die Entwicklung einer Tracking-Software, um die Rücklaufquoten der Taschen zu erhöhen.

Neben Erfolgen bringt das Start-up-Leben auch Herausforderungen mit sich. «Ich hätte nicht damit gerechnet, dass es so schwierig wird, die Logistikbranche vom Produkt zu überzeugen», sagt Mitgründer Remo Zemp. «Steigende Kosten und drängende Effizienz führen dazu, dass Nachhaltigkeit für viele Logistikunternehmen keine Priorität hat». Aber er bleibt optimistisch und blickt vorwärts: «Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir weiterhin so viel lernen und uns weiterentwickeln dürfen.» Der Wunsch seines Geschäftspartners Sandro Küngs ist hingegen ganz konkret und wir alle können etwas zu dessen Erfüllung beitragen: «Wenn euch der Verpackungsabfall zu Hause stört, habt den Mut und wendet euch mit eurem Feedback an die Onlineshops.»

Smart-up: Förderprogramm für Innovation, Unternehmertum und Selbstständigkeit an der HSLU

Smart-up begleitet Start-ups der HSLU von der Ideenphase bis zur Marktreife. «SendMeBag» wird vom Smart-up-Team rechtlich beraten, kann Co-Working-Räume und Lagerflächen als Büro und zur Aufbewahrung der Versandtaschen nutzen.

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