Die Vermögen, die in der Schweiz in nachhaltige Publikumsfonds investiert werden, sind in den letzten zwölf Monaten um 60 Prozent gewachsen – auf insgesamt 316 Milliarden Franken. Auch immer mehr Privatanlegerinnen und Privatanleger möchten ihr Geld in Fonds und Unternehmen investieren, die sich an konkreten ökologischen und sozialen Kriterien orientieren. Viele von ihnen sehen in solchen Investments eine Möglichkeit, etwas Gutes für die Welt zu tun. So einfach ist das aber nicht. Denn nur die wenigsten nachhaltigen Fonds versprechen explizit einen Effekt auf Umwelt und Gesellschaft.
«Das primäre Ziel eines Investments ist es, eine Rendite zu erwirtschaften», sagt Manfred Stüttgen. Er ist Dozent für Banking and Finance an der Hochschule Luzern und hat gemeinsam mit Brian Mattmann die Wirkung von nachhaltigen Investmentfonds untersucht. Die Rendite hat gemäss Stüttgen auch bei der nachhaltigen Geldanlage erste Priorität.
Zementhersteller in nachhaltigem Fonds
Gemäss der Erfahrung der Studienautoren werden nachhaltige Anlagen in der Öffentlichkeit oft so verstanden, dass man damit immer in Unternehmen investiert, deren Handeln sich positiv auf Umwelt und Gesellschaft auswirkt. «Ein häufiges Missverständnis», weiss Stüttgen. Die Mehrheit der Anbieter von nachhaltigen Fonds versprechen diese Wirkung nämlich nicht explizit, wie die Studie der Hochschule Luzern zeigt. So kann beispielsweise ein Zementhersteller neu in einen nachhaltigen Fonds aufgenommen werden, weil er seinen CO2-Ausstoss deutlich reduziert hat und weniger Emissionen produziert als seine Mitbewerber. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass das Unternehmen auch grundsätzlich gut für die Umwelt ist, sondern lediglich, dass gewisse ökologische oder soziale Kriterien berücksichtigt werden.
Ökologische und soziale Risiken besser abwägen
Diese ökologischen oder sozialen Kriterien weisen beispielsweise aus, wieviel CO2 eine Firma ausstösst, welchen ökologischen Fussabdruck sie beim Verbrauch von Wasser hinterlässt oder wie gut sie die Rechte der Mitarbeitenden schützt. Auch wenn sich daraus nicht explizit schliessen lässt, ob ein Unternehmen grundsätzlich klimafreundlich wirtschaftet oder Gutes für die Gesellschaft tut: Aus Anlegersicht ist es durchaus interessant, auf solche Unternehmen zu setzen, weil bei ihnen ökologische und soziale Unsicherheiten besser in die Risikoabwägung miteinbezogen werden. «Nur schon deshalb lohnt es sich, eher in nachhaltige als in konventionelle Anlagen zu investieren», sagt Stüttgen.
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Exkurs: Wie nachhaltige Anlagen populär wurden
Die Geschichte von nachhaltigen Anlagen reicht laut den Autoren der Sustainable-Investments-Studie bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zurück. Vor allem religiös-moralische Motive waren als erstes ausschlaggebend dafür, dass gewisse Anlegerkreise begannen, ihre Investments nach konkreten Moralkriterien zu tätigen. Später hat die Anti-Apartheids- und Anti-Vietnamkriegsbewegung in den USA dafür gesorgt, dass ausgewählte Unternehmen, die nicht nach bestimmten Standards wirtschafteten, aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen wurden. Erst in den 1980er-Jahren kamen durch die weltweite Umweltbewegung ökologische und soziale Kriterien dazu.
Richtig Fahrt aufgenommen hat die nachhaltige Anlagewelle in den vergangenen drei bis fünf Jahren. Ein Grund dafür ist, dass die Welt immer transparenter und die Verfügbarkeit von Daten immer besser wird. Zudem hat bei den Menschen die Sensibilisierung zugenommen, dass auch ihr Investitionsverhalten einen Einfluss auf die Realwirtschaft haben kann. Ein wesentlicher Treiber nachhaltiger Anlagen ist nach wie vor das Risikomotiv – vor allem von grossen institutionellen Investoren wie Versicherungen, Pensionskassen und auch von Stiftungen. Es lässt sich vermehrt die Erkenntnis beobachten, wonach die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Selektion von Unternehmen finanzielle Vorteile für Investorinnen und Investoren bietet.
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Vorsicht bei intransparenten Fonds
Da der Markt mit nachhaltigen Anlagen zunehmend grösser und komplexer wird, sind viele Privatpersonen beim Anlegen ihres Geldes auf eine Expertenmeinung angewiesen. Auf die Beratung bei Banken und Vermögensverwaltern könne man sich durchaus verlassen: «Dass Fondmanager ihre Anlagen als nachhaltig vermarkten, sich dann aber nicht an die entsprechenden Nachhaltigkeitskriterien halten, erleben wir so gut wie nie», sagt Co-Studienautor Brian Mattmann. Als Privatanleger könne man zum Beispiel bei der Bank konkret nachfragen, welche Nachhaltigkeitsziele ein Fonds verfolgt – und erhalte dann auch eine ehrliche Antwort. So findet man heraus, ob die Ziele des Fonds mit seinen eigenen Vorstellungen übereinstimmen. Mattmann: «Wir empfehlen privaten Investorinnen und Investoren, sich Nachhaltigkeitsfonds vorschlagen zu lassen und dann im Gespräch mit dem Berater zu eruieren, ob die Produkte ihrem eigenen Bedürfnis entsprechen. Kann eine Bank ihren Kunden keine Auskunft über die Nachhaltigkeitsstrategie eines Fonds geben, ist Vorsicht geboten.» Ein guter Rat scheint auf jeden Fall zu sein, realistische Erwartungen punkto ökosozialer Wirkung zu haben.