«Wenn man sich all die Menschen vorstellt, die auf diesem Boden schon getanzt haben», strahlt Miriam Böger. Die Direktorin des Art Deco Hotels Montana in Luzern spricht vom hundertjährigen Parkett in der Bar. Ihre Freude an all den Geschichten, die sich hier schon zugetragen haben, ist während des ganzen Gesprächs spürbar. Sie fügt gleich die nächste hinzu, diesmal die Gründungslegende: Die Tochter und der Schwiegersohn des Palace-Besitzers wollten ein eigenes Grand Hotel gründen – am liebsten an der Seepromenade. Dies jedoch wussten die Inhaber der bereits bestehenden Hotels am See zu verhindert. «So sagte sich das Ehepaar: Gut, wir gehen auf den Hügel und schauen auf euch herab», erzählt die Direktorin. Sie ist mit all diesen Geschichten gut vertraut, schliesslich hat sie einen grossen Teil ihres Berufslebens im Montana verbracht.
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Ein Flair für Zahlen
Zum ersten Mal betrat sie das Haus 2004 als Praktikantin während der Ausbildung an der Hotelfachschule Luzern. In der Entscheidung für die Hotellerie sah sie ein Sprungbrett für Arbeitsmöglichkeiten in der ganzen Welt. Assistentin Seminar & Bankett hiess ihr erster Job hier. «Events, Marketing, das schien mir auf den ersten Blick genau das Richtige. Bis ich merkte, dass man sich dabei für meinen Geschmack in zu vielen Details verliert.» Sie erkannte: «Durch Zahlen lernt man einen Betrieb am besten kennen.» So war der Bachelor in Business Administration an der Hochschule Luzern ein naheliegender nächster Schritt. «Bei aller Liebe zur Gastfreundschaft – am Ende müssen wir Geld erwirtschaften, dürfen Löhne bezahlen, müssen Rückstellungen machen …»
Ein Abstecher in die Industrie
Während des Studiums arbeitete Miriam Böger nach wie vor im Montana, jetzt als Direktionsassistentin. Anschliessend folgte ein Ausflug in die Industrie – den sie abbrach, als der damalige Direktor sie wieder für das Hotel gewinnen konnte, zunächst mit einer Stelle als Leiterin Finanzen und Human Resources. Das entsprach nicht ganz den internationalen Träumen, mit denen sie angetreten war. Für einen Moment überlegt sie auch, wie das im Lebenslauf wirkt, wenn da immer wieder der gleiche Arbeitgeber steht. Schliesslich verliess sie sich aber doch auf ihr Bauchgefühl und kehrte zurück. Zwei Jahre später war sie Vizedirektorin und wurde im Herbst 2019 zur Nachfolgerin des langjährigen Montana-Direktors Fritz Erni ernannt.
Schlimmster Tag: der 17. März 2020
Ihren Amtsantritt als Direktorin hatte sie im April 2020; das grosse Frühlingsfest inklusive Stabsübergabe war bereits durchgeplant. Und dann kam alles anders. Erni musste ihr die Schlüssel zu einem leeren Haus übergeben, denn der Bundesratsentscheid für einen landesweiten Lockdown am 17. März entzog dem Montana die Geschäftsgrundlage. «Wenn Mitarbeitende aus dem Betrieb austreten, frage ich sie jeweils, was ihr schönster und was ihr schwerster Arbeitstag hier im Hotel war. Noch heute, zwei Jahren später, sagen mir alle: Am schlimmsten war der 17. März 2020.»
Mit Vertrauen in eine schwierige Phase
Ihr selbst kam in diesem Moment die gleiche Eigenschaft zugute, die sie zum Studium der Betriebswirtschaft geführt hatte: «Ich bin ein analytischer Mensch und gründe meine Entscheidungen gerne auf Zahlen. So war es für mich eine logische Konsequenz, dass wir schliessen und Kurzarbeit anmelden müssen.» Natürlich hätte auch sie gerne eine andere Lösung gefunden, gerade weil sie von der Küche bis in die Finanzabteilung jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter kennt. «Aber es hat mir geholfen, dass ich schon so lange im Haus war und einerseits genau wusste, wo welche Rechnungen anfallen, andererseits konnte ich auch mit viel Vertrauen in mein Team in diese Phase gehen.»
Licht und Schatten
Nun sitzt sie also in der Bar «ihres» Hotels und spricht von der Geschichte, die darin lebt, zeigt auf die Aussicht und freut sich darüber, dass besonders das Restaurant oft von Gästen aus Luzern besucht werde. «Im Hotel haben wir vor allem Individualtouristinnen und -touristen, die fühlen sich da wohl, wo auch Einheimische hinkommen». Sie spricht von Hochzeitsfesten, Leidmahlen und Tauffeiern, von Heiratsanträgen in der Suite, Verlobungsringen im Dessert und dem Beach Club, mit dem das Montana auch ein jüngeres Publikum anziehe, das vielleicht nie im Hotel übernachten wird, aber doch den umwerfenden Blick geniessen kann. Aber sie weiss auch, dass die Hotellerie Probleme hat, die vor dem Montana nicht Halt machen: Die Arbeit in diesem Berufsfeld geniesst gesellschaftlich wenig Ansehen; es ist schwierig neue Mitarbeitende zu finden. «Es wird unterschätzt, was man alles an sozialen Fähigkeiten mitbringen muss, damit sich ein Gast wohlfühlt», sagt Miriam Böger. Und fügt gleich hinzu: «Aber wenn es gelingt, dann ist es ein unbeschreiblich tolles Gefühl.»
Nicht nur vermittelt die Direktorin den Eindruck, im Montana genau am richtigen Ort zu sein. Die letzten Monate haben sie darüber hinaus auch noch einem Jugendtraum unverhofft nähergebracht: Ihr erster Berufswunsch war Architektin oder Innenarchitektin. «Unterwegs in anderen Hotels denke ich immer wieder: Das könnte man besser machen – und sei es nur ein Haken im Badezimmer», verrät Miriam Böger. Anfang 2022 hat das Montana einen Drittel der Zimmer renoviert. So hatte sie als Leiterin der Baukommission die Gelegenheit, auf all diese Details zu achten; von den Lampen bis zu den Matratzen war sie an den Entscheidungen beteiligt. Es ist für sie eine Chance, die Geschichte des Hotels nicht nur für eine Weile zu prägen, sondern auch an ihr mitzubauen.