Need for speed

Kaum hat es angefangen, ist das Rennen gegen die Uhr auch schon wieder vorbei: Das E-Rennauto «mythen» beschleunigt schneller als jedes andere vor ihm. In nur 0,956 Sekunden und 12.3 Metern schafft es der Bolide von 0 auf 100 km/h. Mehrere HSLU-Studierende halfen mit, den neuen Weltrekord möglich zu machen.

«Das ist wild!», dachte Lukas Betschart, als er beim ersten Test des «mythen» erlebte, welche Kraft die Aerodynamik des E-Rennautos entwickelt. Der HSLU-Masterstudent gehört zum 30-köpfigen Team, das im Akademischen Motorsportverein Zürich (AMZ) das E-Auto konzipiert hat. Das Ziel: den Weltrekord im Beschleunigen zurück in die Schweiz zu holen. Erreichen wollten das angehende Ingenieurinnen und Ingenieure der Hochschule Luzern und der ETH Zürich. Fast ein Jahr lang hatten sie Konzepte entwickelt, getüftelt, diskutiert, berechnet, Modelle erstellt, Neuerungen aufeinander abgestimmt, ausprobiert, die Berechnungen überprüft, weiter getüftelt, nochmals berechnet.

Duell: Team ETH und HSLU vs. Team Stuttgart

Im Herbst 2014 stellte das AMZ-Team seinen ersten Beschleunigungsweltrekord auf. 1.758 Sekunden brauchte damals der Bolide «Grimsel», um auf 100 Stundenkilometer zu beschleunigen. Im Juli 2015 jedoch unterbot das Green Team der Universität Stuttgart den Rekord um sechs Tausendstel. Ein Jahr später ging der Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde wieder in die Schweiz, diesmal mit 1.513 Sekunden. Sechs Jahre hielt das AMZ-Team den Rekord, bis 2022 Stuttgart wiederum zuschlug und in 1.461 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigte.

Jetzt geht’s um die Wurst!

Nicht nur das AMZ-Team hat sich an einem Septembertag bei seiner Werkstatt auf dem Flugplatz Dübendorf versammelt; auch unabhängige Zeugen, die es braucht, um bei Guinness World Records Limited einen Rekord anzumelden, und das Schweizer Fernsehen sind angereist. Das Ingenieurteam weiss um die Wichtigkeit und Zuverlässigkeit von Berechnungen und Modellen. Und die sagten: Mit dem «mythen» ist ein neuer Weltrekord möglich. Aber bei allem Vertrauen in die Modelle gehen einem dann so kurz vor dem Start doch Fragen durch den Kopf: Was, wenn ein winziges Teilchen …? Oder ein Softwarefehler …? Oder irgendeine Kleinigkeit …?

Es geht noch besser.

Eine Flagge signalisiert «Start», die Lenkerin beschleunigt. Kein winziges Teilchen, kein Softwarefehler, keine Kleinigkeit – der neue Weltrekord gelingt im ersten Anlauf: von Null auf Hundert in 1.123 Sekunden. Es wird gejubelt, aber es ist auch klar: Da geht noch mehr! Also wird geschraubt, Räder werden aufgewärmt und schon kommt die nächste und übernächste Runde, bis es im neunten Anlauf klappt: «mythen» hat es, hochoffiziell beglaubigt, in weniger als einer Sekunde geschafft.

Letzte Vorbereitungen
Letzte Vorbereitungen
Da geht noch mehr!
Da geht noch mehr!
Letzte Vorbereitungen
Letzte Vorbereitungen
Da geht noch mehr!
Da geht noch mehr!

«Dieser Weltrekord war Teamwork», betont Lukas Betschart. «Ich war zusammen mit anderen Studierenden für die Elektronik zuständig. Diese an sich macht den Weltrekord nicht aus. Sie muss in erster Linie leicht sein und funktionieren.» Bereits in den letzten beiden Semestern seines Bachelor-Studiums hat der Schwyzer für seine Bachelorarbeit beim AMZ an einem Rennauto mitgearbeitet. Dabei hat Lukas Betschart nie zu den Kindern gehört, die schon mit zehn alles über Autos wissen. Als «gigantisch» bezeichnet er denn auch die Lernkurve der ersten Zeit im AMZ-Team.

Das Team des AMZ
Ein Weltrekord im Beschleunigen ist Teamwork! Studierende der ETH Zürich und der HSLU arbeiten im AMZ zusammen.
Das Team der HSLU.
Das Team der HSLU: vlnr: Adrian Omlin (Dozent), Jason Freimann, Lukas Betschart, Daniel Winz, Pascal Jund, Camille Schwager, Stefan Niederberger, Rolf Mettler (Dozent)
Das Team des AMZ
Ein Weltrekord im Beschleunigen ist Teamwork! Studierende der ETH Zürich und der HSLU arbeiten im AMZ zusammen.
Das Team der HSLU.
Das Team der HSLU: vlnr: Adrian Omlin (Dozent), Jason Freimann, Lukas Betschart, Daniel Winz, Pascal Jund, Camille Schwager, Stefan Niederberger, Rolf Mettler (Dozent)

Es geht weiter.

Der Weltrekord in diesem Jahr war eine Kür, für die sich verschiedene Studierende, die bereits an einem Auto mitgearbeitet hatten, nochmals zusammenfanden. Wird der Rekord nun die Autoindustrie beeinflussen? Lukas Betschart lacht. «Dieses Auto möchte ich nicht auf der Strasse sehen!» Zwar hält er es für möglich, dass einzelne Konzepte und Komponenten ihren Weg dahin finden. Den eigentlichen Gewinn für die Industrie sieht er anderswo: «Sie bekommt 30 junge Berufsleute, die wissen, was es heisst, Ingenieurin oder Ingenieur zu sein. Die die Erfahrung gemacht haben, mit einem Fachproblem konfrontiert zu sein und zu wissen: Es ist jetzt deine Aufgabe, das zu lösen. Die dann anpacken. Und die wissen, wie man erfolgreich im Team zusammenarbeitet.»

Der AMZ wurde 2006 von Studierenden der ETH Zürich gegründet. Seither haben die rund 30 Mitglieder jedes Jahr einen neuen Boliden entwickelt, mit dem sie an verschiedenen internationalen Konstruktionswettbewerben – den sogenannten «Formula Student» in Europa (FSE) – teilnehmen. Nach drei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren baut der AMZ seit 2010 rein elektrisch angetriebene Rennwagen. Seit 13 Jahren ist die Hochschule Luzern Partnerin bei der Teilnahme am internationalen Studierendenwettbewerb FSE. Der AMZ bietet Studierenden die Möglichkeit, ihr erworbenes theoretisches Wissen in einem hochkomplexen technischen Umfeld in die Praxis umzusetzen. Der Verein ist finanziell unabhängig und wird von zahlreichen Sponsoren sowie von der ETH Zürich und der Hochschule Luzern unterstützt.

Interessiert?

Erfahren Sie mehr über den Bachelor of Science in Elektrotechnik und Informationstechnologie an der Hochschule Luzern

Zum Studium

Was Sie sonst noch interessieren könnte

HSLU-Studierende gestalten Briefmarke zum 175-Jahr-Jubiläum der Post

Zwei HSLU-Studentinnen versetzen die Post in Jubiläumsstimmung

Die Schweizerische Post gab bei Studierenden des Bachelor Graphic Design eine Sondermarke zum 175 Jahre-Jubiläum in Auftrag. Gewonnen haben den Gestaltungswettbewerb Svenja Kolly und Mia Gujer, die ihren zeitlos frischen Entwurf im Teamwork einreichten.
Drei Wege zum Glück

Drei Wege zum Glück: Teil 2

Die Lebenswege sind so unterschiedlich wie die Menschen, die sie beschreiten. Ein Bauingenieur, eine Transformationsmanagerin und ein Wirtschaftsingenieur: Sie erzählen uns, was lebenslanges Lernen für sie und ihren Berufsalltag bedeutet.
Das Spiel Void der HSLU. Werden 500'000 Punkte erreicht, steigt eine Rave-Party im Museum für Kommunikation Bern.
Wie macht man etwas erlebbar, das nicht existiert? Mit einem Spiel, sagten sich drei Studentinnen des Bachelor Spatial Design an der Hochschule Luzern. Für die Ausstellung «Nichts» im Museum für Kommunikation Bern entwickelten sie ein Game für Smartphones und Tablets.