Der neue König auf dem Fussballplatz

Autonom, präzise und umweltfreundlich: Ein Team der Hochschule Luzern entwickelte auf Initiative des Start-ups Ronovatec einen Mähroboter, der selbstständig Fussballrasen mäht – inklusive Streifenmuster.

Mähroboter der Hochschule Luzern: Der neue König auf dem Fussballpatz.

Er ist hüfthoch, hat drei Räder, spindelförmige Mähwerkzeuge, ein ausgeklügeltes Innenleben und einen schnittigen grünen Streifen auf der weissen Haube. Einen Namen hat er noch nicht. Seine Gattung: autonomer elektrischer Spindel-Mähroboter – im Moment das einzige Exemplar seiner Spezies. Sein Status: Prototyp. Seine «Eltern»: Initianten des Projekts NaviMow und Experten aus vier Disziplinen der Hochschule Luzern: Informatik, Elektronik, Maschinentechnik und Wirtschaftsingenieurswesen. Entfernte Cousins: Aufsitzrasenmäher und die kleineren autonomen Garten-Mähroboter. Seine Aufgabe: Grosse Rasenflächen autonom mähen. Sein Hoheitsgebiet: Das Fussballfeld.

Autonom, präzis, leicht und umweltfreundlich

Anders als die Mähroboter, die mittlerweile auf vielen Garten-Rasenflächen eingesetzt werden, kann die durch Innosuisse unterstützte Neuentwicklung auch im Alleingang ein Fussballfeld in zwei bis drei Stunden mähen. Und anders als die bis jetzt dafür verwendeten Aufsitzrasenmäher ist das neu entwickelte Modell elektrisch angetrieben, verursacht keine CO2-Emissionen und – eine gute Nachricht für die Nachbarn von Fussballplätzen – wenig Lärm. NaviMow ist leichter als seine «Kollegen», das schont den Boden und macht ihn auch bei feuchtem Untergrund einsetzbar. Da sich die Drehgeschwindigkeit der NaviMow-Spindel der Fahrgeschwindigkeit anpasst, wird der Rasen darüber hinaus mit grösstmöglicher Gleichmässigkeit gemäht. Ein Sensor und eine taktile Kontaktleiste in Fahrtrichtung sorgen für Sicherheit. Und das Beste: NaviMow mäht auf Mausklick Streifen- und Karomuster in den Rasen.

Der Roboter mäht auf Mausklick Streifenmuster in den Rasen.

Muster mähen leicht gemacht

Muster im Rasen entstehen durch die Ausrichtung des Rasenmähers. Der drückt die Halme beim Mähen leicht nach vorne. Dadurch sieht man aus der einen Richtung die heller wirkenden Grasrücken. Schaut man in Richtung der Grasspitzen, so scheint der Rasen dunkler. Damit ein schönes Muster entsteht, muss der Mähroboter also einen präzisen Weg fahren. Er schafft dies dank der ausgeklügelten Software des Informatik-Teams der Hochschule Luzern um René Meier. «Damit der Mähroboter den effizientesten Weg findet, um die Muster zu mähen, und keinen Weg zwei Mal fährt, müssen viele Aspekte einbezogen werden», sagt Meier. Dazu gehören Feldgrösse, Hindernisse wie die Trainerbank und Stellen mit Kunstrasen – die nicht gemäht werden müssen, aber für die Navigation genützt werden können –, der musterlose Rasen ausserhalb des Felds und der Navigationsradius des Roboters.

Der Mähroboter auf Erkundungsfahrt.
Der Mähroboter auf Erkundungsfahrt.

Ein Roboter mit Orientierungssinn

Damit der Mähroboter die von der Software berechnete Strecke autonom und zielsicher fahren kann, muss er wissen, wo im Raum er sich jeweils befindet. Dafür haben Ivo Gärtner und sein Team vom Kompetenzzentrum Electronics eine Lösung entwickelt, die zwei Bestimmungsarten kombiniert: Die Haupt-Informationsquelle bilden vier Beacons – Ultra-Wide-Band-Sender in der Grösse einer Zigarettenschachtel – zu denen der Roboter über Funk die Distanz misst. Aus diesen Distanzinformationen und der Drehzahl seiner Räder kann er seinen Standort und die Fahrtrichtung berechnen. Dank der Kombination beider Informationen ist eine genauere Positionierung möglich, als dies mit einem einzelnen System zu erreichen wäre. So kommt der ausgeprägte Orientierungssinn zustande, den es braucht, damit die Muster präzis gefahren werden. Auf die Schnur, die bei Aufsitzrasenmähern hilft, gerade Linien zu fahren, kann deshalb verzichtet werden.

Um Hindernisse zu erkennen, nutzt der Mähroboter die gleiche Technologie wie Tesla.

Stabil und leicht gebaut

Mit Software und Elektronik allein lässt sich kein Gras mähen. Dafür braucht es Hardware. Das Team um Oliver Camenzind vom Kompetenzzentrum Mechanische Systeme war dafür zuständig, alle Bestandteile unter eine stabile, aber möglichst leichte Haube zu bringen. Darüber hinaus entwickelte das Team das Sicherheitssystem: Stellt sich dem Mähroboter etwas in den Weg, muss er seine Fahrt verlangsamen, bis das Hindernis weg ist, oder sofort anhalten, wenn sich das Hindernis nähert. Dafür sorgen ein Lidar-Sensor – das ist die gleiche Technologie, die auch Tesla einsetzt – und als zusätzliche Massnahme eine vorne angebrachte Kontaktleiste.

Ein stilsicherer Roboter

Das Design der Haube schliesslich hat Ramon Späti vom Institut für Innovation und Technologie der Hochschule Luzern entwickelt. Noch ist der autonome Mähroboter ein Prototyp. Am 16. Mai hat er seinen ersten grossen Auftritt: Er darf sich am wichtigsten Schweizer Anlass der Greenkeeper präsentieren. Diesem Fachpublikum muss er zeigen, was in ihm steckt, denn schliesslich sind es die Greenkeeper, denen er in Zukunft zur Hand gehen soll, damit sie mehr Zeit für die Rasenpflege haben: Wässern, beschädigte Stellen ausbessern, belastete Stellen wie den Torraum nachsäen oder ganze Teilflächen auswechseln. Schliesslich ist ein Fussballrasen dazu da, dass er strapaziert wird.

Und los geht’s!

Was Sie sonst noch interessieren könnte

Elektrotechnik-Absolvent und Start-up-Gründer Erny Niederberger

Erny Niederberger: Ein Ingenieur als Pollendetektiv

Was für Wanderer der Regenradar, könnte für Allergiegeplagte schon bald der Pollendetektor werden, den Erny Niederberger mit zwei Partnern entwickelt hat. Denn der kann Pollen in der Luft in Echtzeit nachweisen. In Luzern und Biel sind im April 2019 zwei Geräte in Betrieb gegangen.
Markus Zank (li.) und Richard Wetzel leiten das neue Forschungsteam «Immersive Realities».

Jenseits der Monsterjagd – die zweite Realität

Das Monster-Spiel «Pokémon Go» war nur der spielerische Anfang: Forschende wie Richard Wetzel und Markus Zank von der Hochschule Luzern entwickeln neue Anwendungen für die Technologien Augmented und Virtual Reality, sei es in der Industrie, der Stadtplanung oder im Bereich Bildung.
Cimon auf der ISS

Cimons erster «Small Talk» im All

Der in Deutschland entwickelte und gebaute Astronauten-Assistent CIMON (Crew Interactive Mobile CompanioN) hat seine Feuertaufe im All bestanden. Er und der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst haben rund 90 Minuten im Columbus-Modul der Internationalen Raumstation ISS miteinander gearbeitet, begleitet vom Kontrollraum im BIOTESC der Hochschule Luzern – Technik & Architektur.