«Eine gute Wahl», kommentiert Frédéric Störi den Treffpunkt, das Zürcher Kunsthaus-Restaurant. Erstens sei er Zürcher, auch wenn er «Baseldytsch» spreche, und zweitens bedeute ihm Kunst sehr viel. Der 61-jährige Jurist ist sorgfältig gekleidet, hat ein diskretes Auftreten und spricht auffallend leise. Spezialisiert ist er auf Wirtschaftsdelikte. Zwar habe er in den sieben Jahren als Anwalt in Basel auch Sozialfälle vertreten, «aber ich bin kein Pestalozzi», sagt er.
2001 begann er im Kanton Schwyz als Kantonaler Untersuchungsrichter für Wirtschaftsstrafsachen, 2004 schloss er den Executive Master of Economic Crime Investigation an der Hochschule Luzern ab. Eine Weiterbildung, die ihm besonders in Bezug auf den Bereich Rechnungslegung sehr viel gebracht hat: «Die Bilanz eines Unternehmens lesen zu können, ist in meinem Job absolut zentral.»
Der Umzug nach Schwyz war auch eine private Zäsur: Mit seiner zweiten Frau, einer belgischen Juristin, wollte er weg aus Basel, «diesem Dorf, wo jeder jeden kennt». In Schwyz ist er mittlerweile angekommen, auch wenn die Innerschweizer Bevölkerung sehr obrigkeitskritisch sei und der Staatsanwaltschaft grundsätzlich wenig Wohlwollen entgegenbringe. «Als Staatsanwalt muss man ein Stück weit damit leben, dass man angefeindet wird», sagt Störi. Der bisher schwierigste Moment seines Berufslebens war der «Fall Windstock», bei dem 2012 ein Schwyzer Polizist wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurde. Als Leiter der Staatsanwaltschaft stellte sich Störi vor seine jüngeren Kollegen – und wurde im Verlauf des Prozesses mit einer geballten Ladung Unverständnis, Missbilligung und Empörung konfrontiert. «Die Belastung war extrem», erinnert er sich. Danach sei er ausgelaugt gewesen wie nach einem Marathon. Schwierig sei auch der Umgang mit der Presse, die oft nur auf süffige Schlagzeilen aus sei: «Auf das Amtsgeheimnis kann man sich heute nicht mehr berufen – im Gegenteil. Es wird erwartet, dass die Strafverfolgungsbehörde offensiv informiert.»
Abschalten kann Frédéric Störi am besten beim Betrachten von Kunst. Er sammelt Kunstbücher, «denn für eine Kunstsammlung fehlen mir die nötigen Finanzen», sagt er und lacht. Wann immer er mit Frau und Tochter auf Reisen ist, besuchen sie zusammen Kunstmuseen. Die Familie gibt dem Staatsanwalt Halt. «Die kleinen Alltagssorgen helfen einem dabei, sich daran zu erinnern, dass man auch noch Mensch ist.»