Frau Jecker, welches Tool ist für eine funktionierende, interne Kommunikation eines Unternehmens am besten geeignet?
Es kommt auf die Unternehmenskultur und Branche an: Was man über welche Kanäle macht, muss zur Art der Zusammenarbeit und zu den Mitarbeitenden passen. Für Unternehmen, in denen die Mitarbeitenden alle an einem Ort arbeiten, kann es eine einfache und gute Lösung sein, einen Feedback-Briefkasten einzurichten oder das gute alte «Schwarze Brett» zu nutzen, auf dem auch Ideen ausgetauscht werden können. Natürlich gibt es tolle moderne Kommunikationstools, aber es bringt beispielsweise wenig, wenn eine Firma eine teure App einsetzt, aber ein Grossteil der Mitarbeitenden ihr privates Smartphone nur ungern geschäftlich benutzt. Entscheidend ist auch, dass der Dialog zwischen verschiedenen Hierarchie-Ebenen möglich ist und gefördert wird.
Dialog statt Einweg-Kommunikation klingt schön, wird aber in vielen Unternehmen nicht gelebt. Warum?
Viele Führungskräfte haben Angst vor Macht- und Kontrollverlust. Eine vorgesetzte Person, die gerne kontrolliert, wird Mühe damit haben, dass sich die Mitarbeitenden auf einer Plattform offen austauschen oder ein für alle sichtbares Feedback geben. Sehen sich Vorgesetzte eher als Coach, der die Mitarbeitenden unterstützt und weiterentwickelt, wird das besser funktionieren. Hilfreich ist, wenn die Geschäftsleitung eine gewisse Offenheit vorlebt, indem sie intern beispielsweise nicht nur über Erfolge, sondern auch über Misserfolge spricht. Wenn die Geschäftsleitung intern alles schönredet, verliert sie an Glaubwürdigkeit.
Für die Trendstudie zur internen Kommunikation wurden nur die Verantwortlichen befragt. Müsste nicht auch die Zielgruppe – nämlich die Mitarbeitenden – diese beurteilen?
Die Verantwortlichen für die interne Kommunikation sind natürlich als Auskunftspersonen relevant, da sie die kommunikative Strategie der Unternehmen umsetzen. Für die Trendstudie, bei der wir alle zwei Jahre die 500 umsatzstärksten Unternehmen sowie die 30 grössten Banken und Versicherungen der Schweiz befragen, wäre dies ein zu grosser Aufwand. Jede einzelne Geschäftsleitung müsste mit einer Befragung der Mitarbeitenden einverstanden sein. Weil wir aber auch wissen möchten, wie diese die interne Kommunikation wahrnehmen, was sie als gut oder schlecht beurteilen, bereiten wir eine andere Studie vor. Unternehmen, deren Mitarbeitende wir befragen dürfen, haben wir schon gefunden.
Die interne Kommunikation steht heute auch vor der Herausforderung, dass Mitarbeitende wichtige Nachrichten über externe Kanäle erfahren, noch bevor sie intern kommuniziert wurden…
Zunächst einmal ist kein Unternehmen davor gefeit, dass interne Informationen nach aussen getragen werden. Das war schon immer so, denn Freud und Leid bei der Arbeit sind für viele Thema Nummer 1. Das Problem heutzutage ist aber, dass sich Interna mit den neuen Technologien und Kanälen viel schneller und viral an einen grossen Kreises verbreiten. Zudem scheint man im Umgang mit vertraulichen Informationen sorgloser geworden zu sein, man gibt unabsichtlich – oder je nachdem auch wissentlich – Informationen preis und bedenkt die Konsequenzen zu wenig. Um Schaden zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen, ist die Abstimmung zwischen externer und interner Kommunikation wichtiger geworden.
Fristet die interne Kommunikation im Vergleich zum Aussenauftritt nicht eher ein Schattendasein?
Ich höre das oft im Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen sowie den Studierenden. Nach aussen will natürlich jedes Unternehmen glänzen – sei es gegenüber Kunden, Partnern, der Öffentlichkeit – und stellt dafür in der Regel mehr Ressourcen und Budget zur Verfügung. Ich denke, es gibt je nach Branche Unterschiede: Dienstleistungsunternehmen sind sicher stärker darauf bedacht, dass die interne Kommunikation gut funktioniert. Mitarbeitende sind schliesslich auch Aushängeschilder. Jemand, der unzufrieden ist, könnte das die Kundinnen und Kunden direkt im Verkaufs- oder Beratungsgespräch spüren lassen.
Gibt es Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz?
Die umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland sind oft deutlich grösser. In der Schweiz sind unter den Top-500 hingegen sehr viele KMU. Und die Grösse eines Unternehmens hat natürlich Einfluss darauf, mit welchen Ressourcen und Mitteln ein Unternehmen nach innen kommuniziert. So gibt es in Deutschland deutlich mehr Corporate News Rooms als hierzulande. Andere Unterschiede lassen sich wohl eher durch verschiedene Unternehmenskulturen begründen. Diese wiederum hängen zum Teil stark vom Sprachraum ab: Eine Firma in der Deutschschweiz wird sich dann vielleicht mehr von einem Tessiner Unternehmen unterscheiden als von einem in Deutschland.