Mit Sturzmelder auf Erfolgskurs

Das Start-up Sedimentum um die Alumni Sandro Cilurzo und Eugenie Nicoud hat einen kontaktlosen «Sturzmelder» entwickelt, der zudem die Privatsphäre schützt. Mit seinem Unternehmen landete Sandro Cilurzo sogar auf der «30 under 30»-Liste des renommierten Wirtschaftsmagazins Forbes.

Geschäftsleitung Sedimentum: v.l.n.r.: Arthur Habicht, Sandro Cilurzo, Eugenie Nicoud

Die Geschäftsleitung von Sedimentum: v.l.n.r.: Arthur Habicht, Sandro Cilurzo, Eugenie Nicoud

Die vier Jungunternehmer Sandro Cilurzo, Eugenie Nicoud, Immanuel Zerbini und Roman Böhni haben «Sedimentum» gerade zur richtigen Zeit gegründet: Das Zuger Start-up schickt sich an, mitten in einer Pandemie mit einem Gerät den Markt zu erobern, das anonym, kontaktlos und ganz ohne Mikrofon und Kamera meldet, wenn Menschen stürzen. Wie ein Rauchmelder für Stürze erkennt dieser «Sturzmelder» selbstständig, wenn Senioren, Epileptiker oder Patienten in der Psychiatrie ohnmächtig werden und fallen und alarmiert Pflegekräfte oder Angehörige. Dafür müssen sie keine Uhr und keinen Notfallknopf auf sich tragen.

«Viele Alters- und Pflegeheime oder Spitex-Einrichtungen haben in der Pandemie Interesse bekundet, weil sie gemerkt haben, dass unsere Lösung auch viel hygienischer ist als die üblichen Mittel, da kein Armband oder Gerät gereinigt und desinfiziert werden muss», sagt Eugenie Nicoud, die für das operative Geschäft zuständig ist.

Schutz der Privatsphäre

Dabei hatte Geschäftsführer Sandro Cilurzo ganz andere Gründe, als er sich vor fünf Jahren entschied, eine kontaktlose Lösung zu entwickeln. Damals war er hierzulande in einer psychiatrischen Klinik für die Informations- und Cybersicherheit verantwortlich und sass in einer Expertenrunde, in der immer wieder diskutiert wurde, wie man die Sicherheit von Patienten rund um die Uhr garantieren kann. Viele Stürze von unbeaufsichtigten Personen werden nicht bemerkt, denn viele der aktuell eingesetzten Hilfsmittel arbeiten unzuverlässig, lösen häufig Fehlalarm aus oder schweigen bei einem Sturz.

«Zudem fühlen sich viele Menschen damit stigmatisiert», sagt Cilurzo. «Sie tragen die Geräte deshalb nur ungern oder gar nicht, laden sie nicht auf oder können sie dann im Notfall nicht aktivieren.» Andere Geräte zeichnen mit Kameras die Bewegungen der Betroffenen auf und verletzen so deren Privatsphäre.

Künstliche Intelligenz erkennt Stürze

Diese unbefriedigende Situation liess Cilurzo, der an der Hochschule Luzern Wirtschaftsinformatik studiert hatte, nicht mehr los. In seinem Informatik-Masterstudium beschäftigte er sich mit künstlicher Intelligenz und entwickelte später eine intelligente Sturzerkennungssoftware, welche nun die technologische Basis seiner Firma Sedimentum bildet. Sie erkenne alle Arten von Stürzen in Echtzeit und könne sogar eine Yogaübung von einem Sturz unterscheiden, wie Cilurzo sagt.

Um die Privatsphäre zu schützen, hat das Team ein Verfahren entwickelt, das eine komplett anonyme Datenverarbeitung ermöglicht. «Dazu setzen wir auf kryptografische Methoden, die auch im E-Banking genutzt werden. Das Datenanonymisierungsverfahren werden wir zum Patent anmelden», erklärt Cilurzo. Die Montage des Geräts ist simpel, es wird einfach an die Decke oder die Wand montiert – ein Vorgang, nicht komplizierter als die Montage einer Lampe.

Schritt für Schritt und mit viel Ausdauer

Die Entwicklung ist so aufsehenerregend, dass Sedimentum bereits mehrere Preise erhalten hat, etwa den Award für digitale Transformation von Hochschule Luzern und TechData. Kürzlich wurde Cilurzo innerhalb von sechs Tagen gleich zweimal geehrt: An einem Donnerstag kam die Nachricht, dass der 29-Jährige es auf die «30 under 30»-Liste des renommierten Wirtschaftsmagazins Forbes geschafft hat, und am darauffolgenden Dienstag bekam Cilurzo den Zuger Jungunternehmerpreis.

Die Auszeichnungen sind «eine Riesenehre» und Bestätigung für die harte Arbeit, die das mittlerweile zehnköpfige Sedimentum-Team als «Achterbahnfahrt» wahrgenommen hat. Ambitioniert und gründlich, Schritt für Schritt, seien sie die Aufgaben angegangen, berichten Cilurzo und Nicoud. Schliesslich bewegen sie sich mit ihrem Wunsch, das Leben von schutzbedürftigen Menschen sicherer und autonomer zu machen, in einem schwierigen Umfeld. Trotz des bedachtsamen Vorgehens war die Finanzierung kein Selbstläufer: «Ich hätte nicht gedacht, dass so viel Zeit und Energie nötig ist, um ein Investoren-Netzwerk aufzubauen», sagt Cilurzo.

Enge Zusammenarbeit mit Studierenden

Mitte 2021 erfolgte der Markteintritt, den Eugenie Nicoud verantwortete. In einer ersten Finanzierungsrunde kamen 2.1 Millionen Franken zusammen. In ihrem Wirtschaftsstudium an der Hochschule Luzern widmete Nicoud sich digitalen Geschäftsmodellen – eine gute Vorbereitung für das Leiten eines Tech-Start-ups. Sedimentum ist auch Mitglied des Smart-up-Programms der Hochschule Luzern, das Start-ups unterstützt. «Sie haben uns mit ihrem Netzwerk geholfen und uns Büros in Zug vermittelt», sagt Eugenie Nicoud. Sedimentum profitiert auch weiterhin von der Hochschule Luzern: Weil Sandro Cilurzo Bachelorarbeiten von Informatikstudierenden betreut und im Rahmen kleiner Forschungsprojekte mit ihnen zusammenarbeitet, hat er schon Studenten gewinnen können, die genau in das Profil seiner Firma passen.

Forschung: Selbstbestimmtes Leben für ältere Menschen

Wie können ältere Menschen möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden führen? Auf diese Frage sucht das «Active-Assisted-Living»-Team (AAL) am iHomeLab der Hochschule Luzern nach Antworten. Das Team entwickelt einfach bedienbare Assistenzsysteme, wie beispielsweise Rollatoren mit eingebautem Elektromotor und Navigationssystem oder Tablets mit Sprachfunktion, die den Kontakt zu Angehörigen und zum Pflegepersonal erleichtern.

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