Wenn man es ganz genau nimmt, spielen im Film «Eden für Jeden» von Rolf Lyssy zwei Frauen eine Hauptrolle. Die Sichtbare: Steffi Friis, die als Studentin Nelly mit ihrer leicht dementen Grossmutter in ein Schrebergartenhäuschen zieht. Die Hörbare: Adina Friis, Steffi Friis’ Schwester. Sie hat die Filmmusik komponiert.
Aufgewachsen sind die Geschwister in der Nähe von Solothurn. Seit 2010 lebt Adina in Luzern, wo sie sich an der Hochschule Luzern – Musik zur Jazzpianistin ausbilden liess und 2018 einen Master in Musikpädagogik abgeschlossen hat. Ergänzend dazu hat sie am «Complete Vocal Institute» und am Rhythmischen Konservatorium in Kopenhagen studiert und in Zürich an der ZHdK Komposition für Film und Theater.
Schöne Musik, die im besten Sinne etwas nervt
Den Kontakt zwischen Adina Friis und Rolf Lyssy (u.a. «Die Schweizermacher») vermittelte Steffi Friis, die bereits in dessen Film «Die letzte Pointe» eine kleine Rolle innehatte. Dem Regisseur aber vorgestellt hat sich die Musikerin ganz konventionell: mit einem Dossier ihrer unterschiedlichen Arbeiten. Nebst Theaterproduktionen hat Adina Friis in ihrer bisherigen Laufbahn schon mehrere Animations- und Dokumentarfilme vertont. Bereits nach dem ersten Gespräch sei klar gewesen, dass Friis den Auftrag in der Tasche habe.
Die Musik im Film ‹Eden für Jeden› hat Ohrwurmpotenzial. Das ist leider wahr!
Adina Friis
Wer in «Eden für Jeden» reinhört oder auf der Homepage von «Luumu», dem Bandprojekt von Adina Friis, einzelne Songs anklickt, merkt rasch, dass die Kompositionen der 32-Jährigen sehr melodiös klingen und kaum Dissonanzen aufweisen. Ihre Kompositionen seien in der Tat schon immer sehr lyrisch gewesen, sagt Friis. «In ‹Eden für Jeden› hat praktisch jeder Track Ohrwurmpotenzial. Das ist leider wahr!», meint sie lachend. Gegen Ende der Filmvertonung sei das ganze Team deshalb fast wahnsinnig geworden, weil ihnen die Stücke nicht mehr aus dem Kopf gingen. «Rolf Lyssy wollte eine Komponistin, die sich mit Jazz auskennt, aber auch das ‹klassischere› Handwerk, das oft in Filmen gebraucht wird, beherrscht und vor folkloristischen Einflüssen nicht zurückscheut.» Der Regisseur liebt Jazz und spielt selber Schlagzeug. Daher konnte er Friis gut vermitteln, welche Stimmungen er mit der Musik erzeugt haben wollte.
Vom Norden angezogen
Die Musik von Friis’ Band Luumu bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Jazz, Folk Noir und 1960er Jahre Pop. «Ich bin ein Beatles Fan», erklärt Friis. «Geübte Ohren hören das bestimmt aus meiner Musik heraus.» Auch nordische Einflüsse sind spürbar. Das sei jedoch nicht in erster Linie auf ihre Herkunft zurückzuführen, stellt Friis fest, obwohl ihr Vater aus Dänemark stamme und beide Eltern sehr musikalisch seien. «Mich hat eher der nordische Jazz beeinflusst, den ich zu Zeiten meines Studiums in Luzern kennengelernt habe.» Ihre Reisen nach Skandinavien seien für ihren musikalischen Weg ebenfalls sehr wichtig gewesen. «Dort habe ich mich stark mit den musikalischen Wurzeln von nordischer Musik befasst.» Während eines Aufenthalts in Finnland kaufte sich Friis des Öfteren Pflaumen. Deren wohlklingender Name «Luumu» gefiel ihr derart, dass daraus am Ende sogar ein Bandname wurde.
«Die Hochschule war mein Zuhause»
Mit Luumu hat Friis bereits zwei Alben herausgebracht; das Dritte ist derzeit in Entstehung. In ihren Songtexten nimmt sie bewusst auch Stellung zum Weltgeschehen und verarbeitet Dinge, die sie persönlich beschäftigen – die drohende Klimakatastrophe zum Beispiel. «Ich versuche diese Themen in meinen Songs zu abstrahieren und möchte dem Publikum auch Raum für eigene Interpretationen und Bilder lassen.»
Parallel dazu spielt die Musikerin in diversen Formationen und arbeitet weiter aktiv an ihrem zweiten beruflichen Standbein: der Komposition von Film- und Theatermusik. «Das ist mein Beruf, meine Leidenschaft.» Und was hat Friis von der Hochschule Luzern für ihren Werdegang mitgenommen? «Sehr viel!», antwortet sie wie aus der Pistole geschossen. Hier habe sie ihr Handwerk gelernt; und einige ihrer Dozierenden – etwa der Jazz-Pianist Michael Arbenz oder der Komponist Hans Feigenwinter – hätten ihre persönlichen Projekte über Jahre sehr intensiv begleitet und ihr dabei auch wertvolle Einblicke in die Wirkung von Musik vermittelt. «Kurz: Die Hochschule war mein Zuhause.»