Klar definierte Bildausschnitte, Zooms oder Kameraschwenks sind die erzählerischen Mittel des klassischen Films – im 360°-Film haben diese Instrumente jedoch ausgedient oder müssen neu gedacht werden. Zwischen Publikum und Handlung gibt es keine trennende Leinwand, keinen Bildschirm mehr, die bestimmen, was gesehen wird und was nicht – zumindest, wenn man die Filme mit einer Virtual-Reality-Brille anschaut.
«Trotz des Begriffs Film im Namen handelt es sich hierbei im Grunde um ein eigenständiges Medienformat mit eigenen Regeln», sagt Samuel Frei von der Forschungsgruppe Visual Narrative der Hochschule Luzern. Die Zuschauerinnen und Zuschauer müssten beispielsweise mittels Ton statt Kameraschwenks oder Zooms geführt werden. «Das stellt Filmemacherinnen und -macher vor neue Herausforderungen», so Frei.
Um 360°-Filmschaffenden wirkungsvolle erzählerische Instrumente in die Hand zu geben, untersuchten Forschende der Hochschule Luzern zusammen mit dem Schweizer Fernsehen SRF, welche Voraussetzungen eine erfolgreiche 360°-Filmproduktion erfüllen muss. Das rund zwei Jahre dauernde Projekt entstand aus einer Abschlussarbeit im Master Film und wurde mit gut 190’000 Franken von Innosuisse unterstützt.
Ein Nachschlagewerk für alle
Die Forschenden produzierten im Rahmen des Projekts zusammen mit SRF mehrere prototypische 360°-Filme. Die Erkenntnisse aus diesen Produktionen bündelten sie in einem Online-Handbuch, das voraussichtlich ab Februar 2020 allen Schweizer Filmschaffenden zur Verfügung steht. Darin werden neben den erzählerischen auch technische Aspekte behandelt, beispielsweise effiziente Produktionsabläufe oder für 360°-Filme besonders gut geeignete Kameras und Dateiformate.
Diesen direkten Transfer von der Theorie in die filmische Praxis schätzt Filmdozent und Projekt-Co-Leiter Robert Müller bei der Kooperation mit SRF besonders. «Der Sender erhielt ein theoretisches Fundament für 360°-Filme. Und wir konnten unsere Erfahrungen fortlaufend bei jedem Filmprojekt in der Praxis überprüfen.»
Auswahl von 360°-Filmen
Die folgenden drei Filme sind im Rahmen des Innosuisse-Projekts der Hochschule Luzern und des Schweizer Radio und Fernsehens SRF entstanden.