Noch nie haben sich so viele Menschen mit Alphornmusik und Jodeln befasst wie heute – sowohl im Alpengebiet als auch weltweit. Ob beide Musikpraktiken aber tatsächlich auf gemeinsamen Wurzeln basieren und sich fest verbunden miteinander entwickelt haben, darüber wusste man bisher wenig.
«Es gibt teils sehr klare Parallelen, etwa den berühmten Bücheljuuz aus dem Muotatal, der wie der Büchel, eine kleinere Variante des Alphorns, klingt», sagt Musikethnologe Raymond Ammann. Auch gäbe es einige Jodelkompositionen, die die typische Naturtonreihe des Alphorns übernommen haben.
Mit seinem Team – Andrea Kammermann (Instrumentenkunde) und Yannick Wey (Klanganalysen) hat Ammann in den letzten drei Jahren hunderte von Musikdaten verglichen, z.B. punkto Interpretation, Klang und Notationen, und historische Instrumente, Bild- und Tonaufnahmen sowie Texte untersucht.
«Wir verfügen jetzt über die grösste Wissensdatenbank zum Alphorn und Jodel im Alpenraum der Schweiz, Österreichs und Deutschlands», erklärt Projektleiter Raymond Ammann. «Und wir können nun sagen, dass zwar eine gewisse Beeinflussung je nach Region und Epoche stattfand, es aber keinen kontinuierlichen Einfluss gegeben hat.»
Wissensdatenbank zu Alphorn und Jodel
Berührungspunkte in der Entwicklung von Alphorn und Jodel konnten die Forschenden nur stellenweise nachweisen: «Früheste Quellen erweisen sich als inhaltlich zu ungenau, um daraus Übernahmeprozesse zwischen diesen beiden Musikpraktiken ablesen zu können.» Zudem seien gewisse musikalische Parallelen auf bevorzugte Kompositionstechniken von einzelnen Musikern, wie den Schweizern Ferdinand Fürchtegott Huber und Johann Heinrich Tobler, zurückzuführen. «Sie gelten daher ausschliesslich für begrenzte Zeitabschnitte und Gebiete», sagt Ammann.
Die Resultate des Projekts, das vom Schweizerischen Nationalfonds SNF gefördert wurde, sind in einer soeben erschienenen Publikation zusammengefasst (siehe Kasten).
Publikation «Alpenstimmung. Musikalische Beziehung zwischen Alphorn und Jodel – Fakt oder Ideologie?»
Autor-/innen: Das Forschungsteam der Hochschule Luzern mit Raymond Ammann (Projektleiter), Andrea Kammermann (Instrumentenkunde) und Yannick Wey (Klanganalysen).
Chronos-Verlag Zürich. Gebunden, 232 Seiten, 80 Abbildungen. ISBN 978-3-0340-1530-1. CHF 38.00 / EUR 38.00. Zum E-Paper (Gratis-Download).