Virtuelle Übung macht den Meister

Von chirurgischen Eingriffen bis zum Zusammensetzen von Stromkreisen: In unserem Immersive Realities Center können Unternehmen, Spitäler oder Berufsschulen auch komplexe und gefährliche Tätigkeiten sicher üben. Ein Augenschein.

Person mit einer Virtual-Reality-Brille

Der Himmel ist praktisch wolkenlos. In der Ferne sieht man ein paar Bäume, der grosse Stein im Gras glänzt in der Sonne, Bienen summen. Die Szenerie ist nicht echt, sondern virtuell simuliert, und doch fühlt es sich an, als stünden wir auf dieser Wiese. «Das ist die Kraft der Immersion», sagt Marco Schäfer begeistert. In Tat und Wahrheit befinden wir uns im Showroom des Immersive Realities Center auf dem Campus Zug-Rotkreuz der Hochschule Luzern. Marco Schäfer zeigt hier Firmen und Schulen aus der Region die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten von Augmented und Virtual Reality (kurz AR bzw. VR). Als AR-/VR-Infrastrukturmanager sorgt er zudem dafür, dass die dafür notwendigen Brillen und Headsets jederzeit einsatzbereit sind.

Um immer auf dem neusten Stand zu sein, müssen regelmässig Softwareupdates eingespielt, die Akkus geladen und Reparaturen durchgeführt werden. Mittlerweile sind es um die 80 an der Zahl. Darunter finden sich Brillen bekannter Hersteller wie Meta – dem Facebook-Konzern – die es für wenige hundert Franken zu kaufen gibt, aber auch solche, die mehrere Tausend Franken kosten und dem Laien kein Begriff sind. Marco Schäfer ergänzt: «Uns ist wichtig, dass wir die ganze Bandbreite an Geräten und Einsatzmöglichkeiten zeigen können. Die Besucherinnen und Besucher können so die Unterschiede selbst erfahren, ohne zuvor bereits hohe Investitionskosten auf sich nehmen zu müssen.»

Niederschwelliger Zugang zu neuen Technologien

Sämtliche Aktivitäten des Departements Informatik rund um AR und VR werden unter dem thematischen Dach des Immersive Realities Center gebündelt. Nebst der Forschung und der Aus- und Weiterbildung gehört hierzu seit Herbst 2021 auch der Showroom, wo Unternehmen und Berufsfachschulen Virtual und Augmented Reality abseits der Gaming- und Erlebnisindustrie kennenlernen können.

Immersive Realities Center
Bis zu 100 Demos finden im Immersive Realities Center pro Jahr statt, unter anderem mit
regionalen Berufsfachschulen.

«Im ersten Jahr wurden wir regelrecht überrannt», erzählt Nathaly Tschanz, Leiterin des Showrooms und Verantwortliche des neuen Studiengangs Immersive Technologies (siehe Box). «Wir rechneten im ersten Jahr mit 300 Personen. Letztlich hatten wir über 1’400 Besucherinnen und Besucher.» Heute führt das Team des Immersive Realities Center im Jahr bis zu 100 Demos durch und profitiert von der Zusammenarbeit mit der Schweizer Tech-Szene. Indem Partnerfirmen der Hochschule Leihgaben in Form von Geräten und Softwareprogrammen zur Verfügung stellen, könne das Center aus einer Fülle an Anwendungsfällen schöpfen. «Wir können dadurch jene Use Cases zeigen, die für die Besuchenden und ihre Branche relevant sind», so Nathaly Tschanz.

Lerninhalte virtuell erleben

Immersive Technologien haben sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Mit ihrer Hilfe lassen sich Prozesse vereinfachen und Prototypen simulieren. Beispielsweise können Chirurginnen und Chirurgen damit Operationen virtuell trainieren. In der Stadtplanung wiederum verbessern dreidimensionale Visualisierungen die Entscheidungsgrundlage.

Und mit sogenannten Serious Games kann auf spielerische Art ein ernsthaftes Ziel verfolgt werden. Zum Beispiel bei der Behandlung von Angststörungen oder der Rehabilitation nach einem Schlaganfall. Immersive Technologien seien eine Mischung aus Technik, Design und Psychologie, wie Nathaly Tschanz ausführt, denn: «Wir müssen verstehen, wie der Mensch funktioniert, damit das Eintauchen in virtuelle Welten gelingt.»

Auch für Schulen seien die neuen Technologien spannend: «Physik-Themen, wie etwa der Stromkreislauf, lassen sich durch virtuelle Realitäten anschaulicher und lebendiger vermitteln», so die Expertin. Ob es darum gehe, den Umgang mit einer Hochspannungsanlage zu lernen, ein CAD-Modell eines Hauses immersiv zu erleben oder menschliche Organe in Lebensgrösse zu studieren: Dank den neuen Technologien würden Lerninhalte virtuell erlebbar.

Neuer Bachelor in immersiven Technologien

Im Herbst 2024 lanciert die HSLU den schweizweit ersten Studiengang, der sich der Konzeption und Umsetzung immersiver Erfahrungen verschrieben hat. Ziel des englischsprachigen Bachelor ist die Ausbildung von Fachleuten in den Bereichen Augmented und Virtual Reality, Serious Games und immersiver Medienproduktion. Nach ihrem Abschluss können die Studierenden immersive Lösungen, Produkte und Dienstleistungen für zahlreiche Wirtschaftszweige entwerfen und entwickeln. Zu den beruflichen Einsatzbereichen gehören Entwicklungs- und Forschungsabteilungen von Firmen, Bildungsinstitutionen, Forschungslabore oder Kreativagenturen. Zielgruppe des Bachelors sind technikaffine, kreative Menschen, die sich sowohl für Informatik interessieren als auch für visuelle und kreative Umsetzungen.

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