Holz auf Zeit: Schatten für den Moment, Ideen für morgen

Wie kann heute so gebaut werden, dass Materialien auch morgen noch sinnvoll weiterverwendet werden können? Im Circular Time Lab der Hochschule Luzern erproben Architekturstudierende gemeinsam mit Lernenden aus regionalen Holzbaubetrieben, wie sich zirkuläres Bauen konkret umsetzen lässt. Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit sind diesen Sommer erstmals im Luzerner Stadtraum zu sehen – als schattenspendende Holzstrukturen zum Verweilen, Erleben und Nachdenken.

HSLU-Architekturstudierenden und Lernende vor Holzstruktur auf Viscosi-Areal


Diesen Sommer laden Holzkonstruktionen auf dem Inseli und beim Viscosi-Areal zum Verweilen ein – gebaut von HSLU-Architekturstudierenden und Lernenden aus regionalen Holzbaubetrieben. Das Besondere: Die Strukturen sind wiederverwendbar.

Die Struktur auf dem Viscosi-Areal

Vom Entwurf zur realen Struktur

Das Circular Time Lab ist ein gemeinsames Projekt des Kompetenzzentrums Typologie & Planung in Architektur (CCTP) und des Bachelorstudiengangs Architektur an der Hochschule Luzern. Die Hochschule, regionale Holzbaubetriebe und die kantonale Verwaltung schaffen dabei einen praxisnahen Lern- und Arbeitsraum. Studierende und Lernende entwerfen und bauen gemeinsam in einem beidseitigen Lernprozess: Die Lernenden erhalten Einblicke in die gestalterischen und planerischen Überlegungen, während die Studierenden ihre Konzepte in direkter Zusammenarbeit mit den Ausführenden reflektieren und weiterentwickeln. Im Zentrum steht ein gemeinsames Verständnis für Bauprozesse und Materialkreisläufe. Diese enge Zusammenarbeit legt den Grundstein für neue, gemeinschaftlich gedachte Formen des Bauens. Ein wichtiger Schritt hin zu einer ressourcenschonenden und zukunftsfähigen Baukultur.

Materialwerkstatt des «Circular Time Lab»

Kommen, entdecken, verweilen

Im Rahmen des Projekts entstehen reale Orte und auch neue Erfahrungen. Die Initiative trägt dieses Jahr den Titel «Luzerner Sommer», und der Name ist Programm: Seit Mitte Juni laden auf dem Inseli beim Bahnhof Luzern sowie beim Viscosi-Areal in Emmenbrücke offene Holzkonstruktionen zum Verweilen ein.

Luftig, einladend, funktional – die Bauten fügen sich harmonisch in den Stadtraum ein. Sie bieten Schatten an heissen Tagen, Schutz bei Sommergewittern und Raum für Begegnung und Erholung. Sie sind damit ein sichtbares Zeichen für nachhaltiges Gestalten im urbanen Kontext.

Sommerlich-farbige Stoffe sollen im Luzerner Sommer Schatten spenden.

Ein Bauprojekt mit Rückfahrticket

Zirkularität ist im Circular Time Lab kein Schlagwort: Es wird gebaut, rückgebaut und wiederverwendet. Die erste Holzkonstruktion entstand im Frühlingssemester 2025, wird im Herbst demontiert und im Frühjahr 2026 in neuer Funktion wieder aufgebaut. Insgesamt sind drei solcher Zyklen geplant, jeweils mit neuen Anforderungen und Nutzungskonzepten.

Schon beim ersten Bau wird auf vorhandene, wiederverwendbare Holzbauteile zurückgegriffen. Die Strukturen sind so konzipiert, dass die Elemente unversehrt bleiben, Masse erhalten und Verbindungen lösbar sind – statt dauerhaft. Der zentrale Leitsatz lautet: «Es muss nächstes Jahr wiederverwendet werden können.»

Für die angehenden Architektinnen und Architekten bedeutet das: Sie sammeln schon im Studium wertvolle Erfahrungen im Planen mit bestehenden Materialien – eine zentrale Kompetenz für das nachhaltige Bauen von morgen.

Aufbau der Struktur auf dem Viscosi-Areal

Teil eines grösseren Ganzen

Das Luzerner Projekt ist eingebettet in das europäische Alpine Sace-Projekt «BAUHALPS – Building Circular in the Alps», ein internationales Kooperationsvorhaben mit 13 Partnerinstitutionen aus sechs Ländern. Ziel ist es, neue Strategien für zirkuläres Bauen im Alpenraum zu entwickeln. Das Circular Time Lab fungiert dabei als Testfeld, Bühne und Experimentierraum – offen für Ideen, Menschen und Perspektiven.

Mehr Eindrücke zum Projekt

Das Projekt «circular time lab» wurde mit Video- und Fotokameras begleitet.

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