Eine halbe Note, einen Bruchteil einer Sekunde braucht es nur, um sie sofort zu erkennen: Die Stimme von Heidi Happy – warm, verträumt, schwebend und doch klar und eindeutig. Auch wenn sie meist leise Töne anschlägt, erzielt sie beim Publikum grosse Wirkung, hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Ihr Zwanzig-Jahr-Jubiläum feiert Heidi Happy, die eigentlich Priska Zemp heisst, mit Musik-Prominenz aus dem In- und Ausland. In den letzten Monaten hat sie mit zwanzig Künstlerinnen und Künstlern je einen Song eingespielt, unter anderem mit Büne Huber, Michael von der Heide, Rykka, Wallis Bird, Dieter Meier oder Stephan Eicher. «Der Austausch mit all diesen wunderbaren Musikerinnen und Musikern hat mir gutgetan und mich inspiriert», sagt die 45-Jährige. Und fügt an, dass ihr die gewohnte Heidi Happy etwas langweilig geworden sei, dass sich Routinen eingeschlichen hätten. «Daraus breche ich nun mit diesem Album aus», sagt sie lachend. Selbstverständlich verfolge sie auch ihre Kunstfigur weiter, so habe sie auch ihr Soloprogramm neu aufgefrischt und vielfältiger und humorvoller gestaltet als bloss Songs aneinandergereiht.
Heidi Happy: eigentlich ein Scherz
Mit einer Prise Humor startete sie auch ihre Karriere, als sie vor zwanzig Jahren ihren ersten Auftritt als Heidi Happy hatte. Ein paar Grafiker hatten sie für ein Atelierfest angefragt. «Ihnen war der grafische Auftritt für das Fest sehr wichtig», erinnert sie sich. Als sie als Namen «Heidi Häppli» vorschlug, waren sich die Grafiker einig, dass «Heidi Happy» auf dem Flyer besser aussehen würde, so startete sie ihren ersten Soloauftritt mit diesem Namen. Gleich nach dem Konzert kamen weitere Anfragen und alles ging sehr schnell. «Irgendwie fand ich nie die Zeit, mir einen anderen Namen zuzulegen», sagt Priska Zemp.
Was war es, das die Musik von Heidi Happy auf Anhieb so erfolgreich machte? «Ich glaube, es waren die sehr persönlichen Songs, welche die Menschen berührten. Zudem arbeitete ich mit einer Loop-Station, was damals noch neu war. Und ich spielte so schlecht Gitarre, dass ich bei meinem ersten Auftritt ein paar Mal mitten in einem Lied unterbrechen und neu anfangen musste», sagt sie. Sie tat das mit viel Charme und der Überzeugung, dass auch das Unperfekte perfekt sei – das Publikum war begeistert.
Dass Priska Zemp Talent hatte und damit etwas anzufangen wusste, zeigte sich schon früh in ihrem Leben. Aufgewachsen in einem musikalischen Elternhaus – die Mutter war klassische Sopranistin und leitete den Kinder- und Jugendchor im Dorf – erlebte sie es als selbstverständlich, dass überall gesungen und musiziert wurde und dass man von der Musik leben konnte. «Im ganzen Hause standen viele Instrumente herum, so spielte ich unter anderem Klavier, Flöte und Cello», erinnert sie sich. Mit 16 startete sie als Sängerin in einer Funkband. Beruflich Musik zu machen war für sie damals noch keine Option, obwohl sie jede freie Minute im Übungsraum verbrachte. Sie ging ans «Semi» und liess sich zur Primarlehrerin ausbilden. Vielleicht habe sie sich unbewusst für eine «sichere» Variante entschieden, sagt sie rückblickend. Den sicheren Hafen verliess sie aber rasch wieder – zu stark fühlte sie sich zur Musik hingezogen.
Mut zur Leichtigkeit
Allein auf der Bühne stehen, zerbrechlich sein und persönliche, intime Lieder singen: Das braucht Mut. Priska Zemp schmunzelt. «Ja, ich hatte ein gesundes Selbstwertgefühl und spürte, wie die Leute Freude haben.» Woher diese Unbeschwertheit? Eine nicht unwesentliche Rolle spielte der Umstand, dass sie während dem Semi an der freien Abteilung Musik, der damaligen Jazzschule Luzern, Unterricht nahm und später, mit Mitte zwanzig, an der HSLU den Vorkurs für die Kunstgewerbeschule machte. «Die Zeit in Luzern war wichtig für mich», sagt Priska Zemp. «Ich sah mich erstmals im Kontext zu so vielen anderen Kreativen und lernte auf mich zu hören und mein Eigenes zu kreieren.» An der HSLU wies eine Person sie schliesslich darauf hin, dass es in Amsterdam einen audiovisuellen Studiengang gibt. Und so machte sie den Bachelor an der Gerrit Rietveld Akademie.
Während ihrer Zeit in Amsterdam tanzte sie plötzlich auf zwei Hochzeiten: Einerseits war da die Entwicklung im audiovisuellen Bereich, bei der sie immer mehr den Mut fand, ihre Komfortzone zu verlassen und Neues zu wagen. «Anfangs habe ich meist Sachen gemacht, von denen ich wusste, dass sie funktionierten. Die Dozierenden merkten das und ermutigten mich, etwas zu wagen und Risiken einzugehen.» Parallel zu ihrem Studium in Amsterdam ging es so richtig los mit Heidi Happy, mit vielen Konzerten in der Schweiz und im Ausland. Die Leichtigkeit, die sie von Haus auf besass, mischte sich mit dem in Luzern gewonnenen Vertrauen, eigene Wege zu gehen und dem Input von Amsterdam, endlich etwas zu wagen.
Erfolgreiche Filmmusik
Priska Zemp ist aber nicht nur auf der Bühne präsent, sie komponiert auch regelmässig Filmmusik. So steuerte sie etwa für die SRF-Serie «Wilder» zwei Songs bei. Für den Kinofilm «Dida» des HSLU-Absolventen Nikola Illić wurde ihre Filmmusik für den Swiss Film Award in der Kategorie Best Film Score nominiert und gewann den Innerschweizer Filmpreis.
Die letzten Monate war Priska Zemp intensiv am Arbeiten und hat sehr viel Zeit im Studio verbracht. «Ich freue mich sehr auf die Tour nächstes Jahr mit all den Leuten, zudem bin ich auch mit meinem Soloprojekt unterwegs.» Egal, ob sie in einem Film, mit Yello, Stephan Eicher oder ganz allein auf der Bühne zu hören ist: Ihre Musik berührt, ihre schwebende Stimme, ihre Gabe, mit leisen Worten zu berühren – mit all dem macht sie nicht nur das Publikum «happy», sondern auch sich selbst. «Ich kann fast zu hundert Prozent das machen, was ich liebe.»